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Erst futtern, dann fahren. So sehen es zumindest die Beförderungsbedingungen für Busse, S- und U-Bahnen vor. Bei weniger konfliktträchtigen Nahrungsmitteln als dem Döner zeigen sich die Verkehrsbetriebe allerdings oft kulant. Foto: Kai-Uwe Heinrich

© Kai-Uwe Heinrich

Update

Streit im Nahverkehr: Polizei trägt Mann mit Döner aus dem Bus

Essen im öffentlichen Nahverkehr ist verboten – auch wenn es manche nicht akzeptieren wollen. Das führte jetzt wegen eines Döners zu einer Eskalation.

Der Döner gehört so sicher zu Berlin wie Brandenburger Tor und Fernsehturm. In manchen Straßenzügen schafft man es kaum hundert Meter weit, ohne in eine Duftwolke von Frittierfett und Zwiebeln eingehüllt zu werden. Und schon so manchem Nachtschwärmer hat der Döner den fiesen Kater genauso vertrieben wie die Sitznachbarn in der Bahn.

Doch meist sehen und riechen Fahrgäste wie Personal über die olfaktorische Penetranz hinweg, obwohl sie das nicht müssten. Denn erlaubt ist das eigentlich nicht, das hat am Mittwoch ein 57-jähriger Mann im Märkischen Viertel zu spüren bekommen. Der Hungrige stieg gegen 19 Uhr an der Haltestelle Wilhelmsruher Damm in den Bus der Linie 124, in der Hand einen besonders tropfenden Döner. Der Fahrer forderte ihn auf, den Bus zu verlassen, aber der renitente Dönerkonsument dachte gar nicht daran. Als der Busfahrer auf seiner Forderung beharrte, griff der Mann den Fahrer an. Der konnte der saucetriefenden Hand jedoch ausweichen und rief die Polizei. Als auch die den Mann mit freundlichen Worten nicht zum Aussteigen bewegen konnte, trugen die Beamten ihn eigenhändig auf die Straße.

Im Nahverkehr herrscht Trinkverbot

Zu derart aufgeheizten Streitigkeiten ob des Essens in der Bahn komme es zum Glück nur sehr selten, sagt BVG-Sprecherin Petra Reetz. Dabei ist eigentlich alles klar geregelt. Laut Beförderungsbedingungen des VBB, dem BVG und S-Bahn Berlin angehören, ist es verboten, „die Verkehrsmittel mit offenen Speisen und offenen Getränken zu betreten bzw. diese während der Fahrt zu konsumieren.“ Praktisch bedeutet das: Döner essen auf dem Bahnsteig ist okay, in Bus, Bahn oder Tram dagegen nicht.

Viele Fahrgäste stört vor allem die Geruchsbelästigung, doch hat das Verbot einen anderen Grund: „Wenn der Bus plötzlich bremsen muss, landet die Currywurst ganz schnell auf dem Kaschmirmantel Ihres Nachbarn. Das wollen wir vermeiden“, sagt Petra Reetz. Gefährlicher noch: Rutscht bei einer Vollbremsung die Bierflasche aus der Hand, kann sie zu einem schmerzhaften Geschoss werden. Bereits vor vier Jahren hatte die BVG deshalb Piktogramme an allen Bus- und Bahntüren angebracht, um auf das Trinkverbot hinzuweisen.

Der Busfahrer erstattete Anzeige

Doch geändert hat sich seitdem so gut wie nichts. Sterni und Pommes sind immer noch allgegenwärtig im Öffentlichen Nahverkehr. Seitens der BVG sind aber auch keine Sanktionen für Verstöße vorgesehen, außer den Gast des Fahrzeugs zu verweisen. Oft ließe das Personal aber auch Fünfe gerade sein. Über ein trockenes Brötchen würde es eher hinwegsehen als über eine saftige Bolognese. „Wir sind da im Grunde nicht pingelig. Es gilt, das Augenmaß zu wahren“, sagt Reetz.

Die Toleranzgrenze hatte der hungrige Mann im Märkischen Viertel offensichtlich überschritten. Der Busfahrer zeigte ihn wegen Hausfriedensbruchs, versuchter Körperverletzung und Beleidigung an. „Wäre der Mann nicht aggressiv geworden und auf den Fahrer losgegangen, wäre die Angelegenheit für uns ganz schnell erledigt gewesen“, sagt Reetz. Ob er seinen Döner schließlich noch aufaß, ist nicht bekannt. Der dürfte ihm so oder so noch längere Zeit schwer im Magen liegen.

Im Übrigen birgt der Konsum von knoblauch- und zwiebelhaltigen Gerichten auch nach dem Verzehr noch Hürden für die Weiterreise: In den VBB-Beförderungsbedingungen sind „verschmutzte und/oder übel riechende Personen“ vom Transport ausgeschlossen. Soll heißen: Wer dem Busfahrer stinkt, der läuft.

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