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Berlin: Streit um Check der stasibelasteten Richter

Sechs Juristen leiteten Prozesse zu DDR-Unrecht Experten fordern Offenlegung der Personalien.

Potsdam - In der Debatte um den Umgang mit stasibelasteten Richtern hat Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) jetzt in einem Punkt Klarheit geschaffen: Derzeit sind keine Richter mit Stasi-Vergangenheit mehr mit Verfahren zum DDR-Unrecht befasst. Zuvor hatte Schöneburg zugeben müssen, dass seit 1990 sechs von insgesamt 13 belasteten Richtern Prozesse geleitet haben, in denen es um die Rehabilitierung von DDR-Unrechtsopfern und die Rückgabe von Vermögen ging. Erst im September war eine Vorsitzende Richterin am Sozialgericht Potsdam, die über Entschädigungen für Ex-DDR-Häftlinge befand, wegen ihrer DDR-Vergangenheit von ihren Aufgaben entbunden worden.

Jetzt sieht sich der Minister mit Forderungen konfrontiert, diese Verfahren nachträglich überprüfen zu lassen. Klaus Schroeder, Chef des Forschungsverbunds SED-Staat an der FU Berlin, sagte: „Jetzt geht es um die Opfer. Entweder die Namen der Richter werden öffentlich gemacht oder die Betroffenen müssen informiert werden, wer ihr Verfahren geleitet hat.“ Zudem forderte Schroeder, der in der Enquetekommission zur Aufarbeitung der SED-Diktatur sitzt, und die Landtagsopposition aus CDU, FDP und Grüne einen Stasi-Check für alle 840 Richter. Roland Jahn, der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, sagte, „Vertrauen in die Justiz ist unabdingbar“. Der Minister müsse entscheiden, ob eine erneute Anfrage nötig sei. „Erst Transparenz macht eine differenzierte Bewertung möglich und beseitigt Generalverdacht“, sagte Jahn. Auch Brandenburgs Diktaturbeauftragte Ulrike Poppe forderte, die Fälle so weit wie möglich offen zu legen.

Bislang sperrt sich der Justizminister dagegen. Im Mai hatte er die Zahl stasibelasteter Richter von drei auf 13 nach oben korrigiert. 152 von 5240 Justizbediensteten haben eine Stasi-Vergangenheit. Die Opposition wirft Schöneburg eine schlechte Informationspolitik vor, die das Vertrauen in die Justiz untergrabe; er reagiere nur auf der Druck der Medien. CDU-Generalsekretär Dieter Dombrowski sagte, Schöneburgs „täterorientierte Fürsorge ist eine hartnäckige Verhöhnung der SED- Justizopfer“. Dagegen lehnen Richterbund und Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg einen neuen Check ab. Die Richterwahlausschüsse hätten zu Beginn der 1990er Jahre in Kenntnis der Personalien die Juristen bestätigt. Nur bei neuen Erkenntnissen dürfte es einen neuen Einzelcheck geben, was aber nicht der Fall sei. Schöneburg kann sich auf einen Gerichtsbeschluss stützen, wonach er nichts offenlegen darf, was die Richter identifizierbar mache. Der Beschluss wird vom Springer-Verlag angefochten, der Schöneburg zur Auskunft zwang, die Zahl der mit SED-Unrecht befassten Stasi-Richter offenzulegen.

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