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Berlin: Streit um die Sexsteuer

Hydra und Verdi gegen Vorausabgabe für Prostituierte

Berlins Steuerfahndung will Prostituierte zur Kasse bitten. Ab 1. April sollen Anbieter sexueller Dienstleistungen flächendeckend für jeden Arbeitstag 30 Euro Voraussteuer an ihren Bordellbetreiber zahlen. Dieser wiederum soll das Geld zusammen mit einem Anwesenheitsnachweis der Prostituierten monatlich an die Steuerbehörden abführen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und die Prostituiertenorganisation Hydra verlangen nun, diese Regelung zu ändern. „Die Pauschale für die Steuervorauszahlung muss auf 15 Euro gesenkt werden“, forderte Hydra-Sprecherin Katharina Cetin gestern. In Berlin solle mit 30 Euro der bundesweit höchste Satz erhoben werden, in anderen Bundesländern müssten oft nur 20 Euro abgeführt werden.

Problematisch sei vor allem, dass die Pauschale bei jedem Arbeitstag fällig wäre – egal, ob die Betroffene überhaupt Freier bedient habe. Sexarbeit in Berlin sei wegen der hohen Konkurrenz unter den Prostituierten und der schlechten wirtschaftlichen Lage potenzieller Kunden nicht sehr lukrativ, hieß es. „Manche Frauen haben nach einem Arbeitstag nur 40 Euro übrig“, sagte Cetin. Ein Großteil der Einnahmen gehe für die Zimmervermietung und Verhütungsmittel zuvor an den Bordellinhaber. Höhere Preise für den gewerblichen Beischlaf in der Hauptstadt seien aber trotz der Vorabsteuer nicht zu erwarten.

Die Finanzbehörden gehen bei einer hauptberuflich arbeitenen Prostituierten von einem Tagesumsatz von mehr als 150 Euro aus. Der Sprecher von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), Matthias Kolbeck, wies die Vorwürfe der ungerechtfertigten Besteuerung deshalb zurück. Die Senatsverwaltung sähe es lieber, wenn sich alle Prostituierten als Selbstständige bei den Finanzämtern anmelden würden.

Da dies bisher nicht der Fall sei, sei die Voraussteuer als Schritt aus der Schattenwirtschaft gedacht, sagte Kolbeck. Grundsätzlich spreche nichts gegen eine Regulierung der Branche, hieß es auch von Verdi und Hydra. Die Interessenvertretungen forderten die Prostituierten auf, sich als Freiberufler anzumelden. Gleichzeitig plädierten sie für mehr Steuerkontrollen in der Rotlichtszene.

Schätzungen zufolge arbeiten rund 7000 Prostituierte in Berlin. Knapp 70 Prozent sind in einem der etwa 600 Berliner Bordelle tätig.

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