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Flüchtlinge demonstrieren auf dem Oranienplatz in Kreuzberg.

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Update

Streit um Flüchtlinge auf dem Oranienplatz in Berlin: Bürgermeister verteidigt Protestcamp gegen Kritik

Innensenator Frank Henkel fordert, der Bezirk Kreuzberg solle das umstrittene Protestlager beenden. Dem widerspricht Bürgermeister Franz Schulz von den Grünen: „Für eine Räumung gibt es keine Veranlassung.“

Die Antwort von Innensenator Frank Henkel fällt knapp aus. „Die Lösung kann nur sein, dass Herr Schulz endlich seinen Pflichten nachkommt und die rechtswidrige Situation am Oranienplatz beendet“, lässt der CDU-Politiker den Tagesspiegel am Mittwoch auf Anfrage mitteilen. Anlass ist eine Einladung, die Franz Schulz, Grünen-Politiker und Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, für diesen Donnerstag ausgesprochen hat: An einem Runden Tisch sollen Vertreter des Bundes, des Landes und des Bezirks darüber reden, wie es mit dem umstrittenen Flüchtlingscamp weitergeht, das seit dem vergangenen Herbst größere Teile des Kreuzberger Oranienplatzes dominiert.

Da jedoch die meisten der von Schulz eingeladenen Vertreter von Land und Bund abgesagt hat, wird es statt eines großen Runden Tisches nur ein kleines Treffen mit ihm, den Flüchtlingen und unter anderem der Berliner Integrationsbeauftragten Monika Lüke geben, wie Schulz am Donnerstagmorgen sagte. Stattfinden werde das Treffen aber auf jeden Fall.

Der Innensenator hatte sich bereits am Dienstag in der Senatspressekonferenz für nicht zuständig erklärt. Henkel: „Ich habe abgesagt, solange es diesen rechtswidrigen Zustand gibt, der durch den Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg verursacht ist.“ Zudem beträfen die Forderungen der Flüchtlinge die Bundespolitik. Ähnlich äußerte sich am Mittwoch auch Sozialsenator Mario Czaja (CDU). Er begründete seine Absage zudem damit, dass er die Forderung der Flüchtlinge zur Abschaffung der Residenzpflicht nicht teilt.

Eine weitere Absage bekam Schulz vom Bundesinnenministerium. Da man bei Asylverfahren „weder ein politisches noch ein sonstiges Ermessen“ habe, gebe es keinen Anlass zu dem Gespräch, teilte ein Sprecher von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) mit. Außerdem hätten die Asylbewerber bereits die Gelegenheit gehabt, „ihre Anliegen den Mitgliedern des Innenausschusses des Bundestages und Mitgliedern der Bundesregierung persönlich vorzutragen“. Die Absagen stießen auf Kritik bei Innenpolitikern der Opposition wie Hakan Tas (Linke) und Benedikt Lux (Grüne).

Ihr kommen zu dem für 13 Uhr angesetzten Treffen bekräftigt hat dafür Monika Lüke, die Berliner Integrationsbeauftragte – wenn auch mit Bauchschmerzen, wie sie sagt. „Ich habe die große Sorge, dass das Treffen politisch instrumentalisiert wird, und zwar von unterschiedlichen Seiten.“ Dennoch gehe sie zum Runden Tisch, „weil ich als Integrationsbeauftragte eine gewisse Verantwortung sehe für die Menschen, die hierherkommen, egal ob sie hier sein sollen oder nicht.“ Die Integrationsbeauftragte hofft, „dass wir die Flüchtlinge davon überzeugen können, dass wir schon einiges erreicht haben, von der Initiative bei der Integrationsministerkonferenz für einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt bis hin zur Abschaffung der Residenzpflicht zwischen Berlin und Brandenburg“. Ansonsten seien ihre Erwartungen sehr zurückhaltend, denn keiner der Menschen, die am Oranienplatz campieren, befinde sich in Berlin im Aufnahmeverfahren: Die Flüchtlinge seien allesamt in Verfahren in anderen Bundesländern oder gar in Italien.

Bürgermeister Schulz kündigte am Donnerstag an, er werde den Flüchtlingen bei dem Treffen mitteilen, aus welchen Gründen die eingeladenen Politiker ihre Teilnahme abgesagt hätten. Eine Räumung des Camps, wie sie unter anderem Innensenator Henkel gefordert hatte, lehnt Schulz kategorisch ab. Wer ein Einschreiten gegen das Camp fordere, „verkennt völlig, dass es gar nicht um einzelne Personen geht, sondern darum, dass Deutschland ein humanes Flüchtlingsrecht bekommt“, sagt Schulz. Man werde sich dran gewöhnen müssen, dass auf dem Oranienplatz und anderswo Flüchtlinge weiter protestieren werden. Für eine Räumung gebe es „keine Veranlassung“.

Berichte über steigende Spannungen zwischen Anwohnern und Camp-Bewohnern wies Schulz zurück. Die meisten Anwohner seien mit den Flüchtlingen solidarisch. So hätten muslimische Anwohne für den heutigen Donnerstagabend angekündigt, im Flüchtlingscamp zusammen mit dessen Bewohnern das Fastenbrechen zu feiern.

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