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Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Die Witwe des verstorbenen Architekten Ralf Schüler ärgert sich über das bunte Treiben auf dem Bierpinsel.

© Kitty Kleist-Heinrich

Streit um Graffiti-Kunst: Buntes Treiben auf dem Bierpinsel

Die Inhaberin des Bierpinsels ließ Spraykünstler an die Turmfassade Das störte die Witwe des Architekten. Sie will die Ursprungsfarbe zurück.

Bunt oder rot, das ist hier die Frage. Der Bierpinsel taugt auf alle Fälle trefflich zum Streitobjekt. Derzeit geht es zumindest weniger um Sanierung und Nutzung als um die Farbe des Steglitzer Turms. Die gegnerischen Parteien: zwei Frauen. Inhaberin Larissa Laternser ließ das Gebäude letztes Frühjahr von Graffitikünstlern besprühen. Das ärgert, wie berichtet, die Witwe des verstorbenen Architekten Ralf Schüler. Ursulina Schüler-Witte sagt, ihr Mann und sie hätten ausdrücklich verboten, den Turm umzugestalten, und droht mit Klage. Seit fast zwei Jahren schwelt der Konflikt.

Laternser spricht von anfänglicher Zustimmung des Ehepaars für die Neugestaltung. Zwar sei später Kritik laut geworden, aber Unstimmigkeiten habe man noch vor Beginn der Kunstaktion ausgeräumt. Beim Eröffnungsfest sei das Architektenpaar anwesend und „sehr glücklich“ über die Wiederbelebung des Schlossturms als Kunstobjekt gewesen.

Stimmt nicht, entgegnet Ursulina Schüler-Witte. „Das ist unglaublich, diese Frau lügt und trickst. Wir waren nicht auf der Feier und schon immer empört über diesen Mist.“ Die bunt gescheckte Fassade sei „grauenhaft“. Und Frau Schüler-Witte boykottiert seither die Schlossstraße.

Im Herbst 2010 wurde der zuvor besprühte Bierpinsel geschlossen. Diagnose: Wasserschaden durch Kälte und Frost aus dem Winter im Jahr zuvor. Da, sagt Laternser, habe man die Fassade nicht mehr ändern können, Gutachter hätten dies untersagt. Vorher allerdings konnte man sie trotz Wasserschadens umgestalten, nun ja. Die Versicherung ist laut Larissa Laternser an der Sache dran. Seit Donnerstag lägen neue Gutachten vor.

Ursulina Schüler-Witte hält all dies für Verschleppungstaktik. „Ich vermute, sie hat kein Geld für die Entfernung der Graffiti.“ Nun will sie die Überpinselung der Spraydosenaktion einklagen.

Vorerst bleibt der Turm ohnehin für Publikum geschlossen. Laternser plant eine Wiedereröffnung des Bierpinsel-Betriebes erst für 2013. Gastronomie im Turmrestaurant und auch Kunst- und Kulturangebote soll es dann wieder geben. Eine neue Bar sei längst in Planung, die Räume dafür an eine Gruppe von Investoren und Gastronomen der „Bar Tausend“ am Schiffbauerdamm vergeben.

Die künftige Farbgebung des Turmes hat übrigens auch das Bezirksamt Steglitz beschäftigt. Im April 2011 beschloss die Bezirksverordnetenversammlung, sich dafür einzusetzen, dass die bunte Fassade so lange wie möglich erhalten bleibt – ohne Zusatzkosten für den Bezirk. Und so geht der Streit der Frauen weiter, denn Ursulina Schüler-Witte ist wild entschlossen, ihr Urheberrecht geltend zu machen und Larissa Laternser auf Schadenersatz zu verklagen. Wie der Bierpinsel künftig leuchtet, hängt also wohl davon ab, wer den Rechtsstreit gewinnt.

Das kann dauern – vielleicht auch länger, als die Sprühfarbe hält. Die bleibe nur drei bis vier Jahre richtig schön, sagt Laternser. Danach will sie die Fassade zukunftsorientiert gestalten, Solarplatten seien eine Idee. Unnötig anzumerken, dass Ursulina Schüler-Witte da nur eines sieht: rot.

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