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Berlin: Streit um hohe Mieten im Märkischen Viertel

SPD-Politiker: Gesobau will Leerstand erzeugen, um Wohnungen verkaufen zu können

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Weil viele Mieter im Märkischen Viertel astronomisch hohe Betriebskosten zahlen, gerät das städtische Wohnungsunternehmen Gesobau stark unter Druck. Der SPD-Kreisvorstand Reinickendorf forderte den Vorstand und Aufsichtsrat jetzt einstimmig auf, „unverzüglich eine sozialverträgliche und maßvolle Gesamtmiete zu erlassen“. Es gebe Spielräume bei der Nettokaltmiete und den Betriebskosten, die genutzt werden müssten.

Die SPD-Abgeordnetenhausfraktion diskutierte am Dienstag über das Mieterproblem im Norden Berlins. Eine Modellrechnung der Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer stieß bei den Parlamentariern auf Empörung. So beträgt die Monatsmiete für eine 115 Quadratmeter große Wohnung in der Finsterwalder Straße nur 457 Euro. Aber die Betriebskosten von 477 Euro treiben die Gesamtmiete auf 934 Euro. „Ein unhaltbarer Zustand“, sagt der Reinickendorfer SPD-Abgeordnete Jörg Stroedter. Die Betriebskosten müssten überprüft und die teuren Heizungsanlagen saniert werden.

Außerdem müssten bei Sozialwohnungen, die – wie im Märkischen Viertel – aus der Sozialbindung fallen, andere Bemessungsgrundlagen für die Grundsteuer gefunden werden, forderte Stroedter. Auch das sei ein Grund, warum die Betriebskosten für 630 Wohnungen „aus dem Ruder gelaufen“ seien. Da die Bemessung der Grundsteuer bundesrechtlich geregelt ist, müsse der Senat notfalls eine Bundesratsinitiative ergreifen. Es könne nicht sein, dass Sozialmieter steuerlich schlechter eingestuft würden als die Besitzer eines Einfamilienhauses.

Der Gesobau-Vorstand ist aber nicht bereit, die Mieten zu senken. Im vertraulich tagenden Beteiligungsausschuss des Abgeordnetenhauses weigerte sich die Unternehmensleitung, die Erhöhung der Nettokaltmiete um 14 bis 18 Prozent seit dem 1. Dezember zurückzunehmen. Sie gilt auch für die von den hohen Betriebskosten betroffenen Wohnungen. Und die zum 1. Juni 2007 hochgesetzten Betriebskosten müssten die Mieter ja nicht monatlich zahlen, sondern könnten den Gesamtbetrag zum Jahresende begleichen. Das wäre dann ein vierstelliger Betrag.

Die Betriebskosten werden genau in dem Wohnquartier erhöht, das der Gesobau-Vorstand verkaufen will – aber nicht darf. Der Senat und die Koalitionsfraktionen SPD und Linkspartei hatten ihre Zustimmung im vergangenen Jahr verweigert. Unterstützt von der CDU und den Grünen. Die Gesobau stoppte daraufhin den schon eingeleiteten Verkauf von 2400 Wohnungen am Wilhelmsruher Damm. Allerdings nur unter Protest.

In der SPD glaubt man nicht an einen Zufall. Stroedter mutmaßt, dass der Vorstand mit Hilfe der Mieterhöhungen einen Teil der Bewohner zum Auszug drängen will. Dann ließe sich eine Privatisierung mit hohem Leerstand leichter begründen. Mit der SPD-Kollegin Brigitte Lange wird er die Gesobau am Freitag besuchen.Ulrich Zawatka-Gerlach

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