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Spektakel am Breitscheidplatz. Doch wie soll die City West umgestaltet werden?

© dpa

Streit um Neugestaltung des Breitscheidplatzes: Erst der Wasserklops, nun sollen die Platanen weg

Erst begann es mit der Debatte um den Wasserklops, jetzt gibt es auch Überlegungen, Bäume auf dem Breitscheidplatz zu fällen. Nun protestieren Bürger. Doch wie soll die City West umgestaltet werden?

Kaum sind Freitagmittag die letzten Regenwolken hinter dem Turm der Gedächtniskirche entschwunden, da machen es sich die Einkaufsbummler wieder unter den Platanen bequem. Kurz die schweren Tüten abstellen, auf den Bänken rund um die Stämme verschnaufen und den Spatzen zuhören, die im Geäst tschilpen. Das gehört hier zu den Shoppinggewohnheiten vor allem älterer Berliner. Aber es könnte sein, dass die Platanen neuen Ideen für den Platz im Wege sind und deshalb weichen müssen.

Bezirk und Anrainer sind sich einig, dass der traditionsreiche Mittelpunkt der City West zwischen Gedächtniskirche und Europa-Center „ansprechender und zeitgemäßer“ gestaltet werden sollte. Die Debatte hat in den vergangenen Wochen intensiv begonnen. Zuallererst traf es wie berichtet den Weltkugelbrunnen, genannt „Wasserklops“. Die Halbkugel aus rotem Granit würden manche Geschäftsleute gerne abreißen, weil sie sich einen „attraktiveren, moderneren Eingangsbereich“ fürs Europa-Center wünschen. Und nun gibt es auch Überlegungen, den Platanen an den Stamm zu gehen.

In dieser Woche stand aber erst einmal das Schicksal weiterer 16 Platanen auf der Kippe, die nicht direkt auf dem Breitscheidplatz stehen, sondern gegenüber – vor dem neu gebauten Bikinihaus an der Budapester Straße. Ursprünglich wuchsen dort 21 Bäume, fünf mussten bereits wegen Pilzbefalls gefällt werden. Für die verbleibende Baumreihe gab es nun zwei Alternativen, die im Bauausschuss des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf zur Abstimmung kamen: Der Investor des Bikinihauses wollte auch die restlichen Bäume fällen und danach 21 junge Platanen neu pflanzen, damit sie künftig „in Höhe und Größe einheitlich“ wirken. Zurzeit sind die Bäume unterschiedlich hoch, je nachdem, wann sie in die Erde gebracht wurden. Die SPD mit ihrem Baustadtrat Marc Schulte unterstützte den Investor, Grüne, Piraten und CDU aber retteten die Platanen mit ihrer Mehrheit. „Einen erhaltenswerten Baum sägt man doch nicht einfach so um“, sagt Jenny Wieland von den Grünen. 2014 sollen dann auch die fünf gefällten kranken Bäume ersetzt werden.

Da waren sie noch jung. Diese Schmuckpostkarte des Alfred-Ziethen-Verlags aus dem Jahre 1971 zeigt die Platanen auf dem Breitscheidplatz, kurz nachdem sie gepflanzt wurden. Der damals ins Bild montierte Pan-American-Flieger sollte wohl die unverbrüchliche Verbundenheit West-Berlins mit den Vereinigten Staaten dokumentieren.
Da waren sie noch jung. Diese Schmuckpostkarte des Alfred-Ziethen-Verlags aus dem Jahre 1971 zeigt die Platanen auf dem Breitscheidplatz, kurz nachdem sie gepflanzt wurden. Der damals ins Bild montierte Pan-American-Flieger sollte wohl die unverbrüchliche Verbundenheit West-Berlins mit den Vereinigten Staaten dokumentieren.

© Repro: Museum Charlottenburg-Wilmersdorf

Seit 1987 wurde der Platz kaum verändert

Auf dem Breitscheidplatz hat die Debatte über eine Neugestaltung hingegen „gerade erst so richtig begonnen“, wie Baustadtrat Schulte und Gottfried Kupsch vom Vorstand der Händlerarbeitsgemeinschaft City West versichern. Seit der 750-Jahr-Feier 1987 wurde der Platz kaum verändert. Schulte: „Es gibt viele Ideen, aber noch ist alles offen.“ In Schwung gekommen seien die Überlegungen durch die spektakulären Bauprojekte drumherum: Bikinihaus, das Hochhaus des Waldorf-Astoria-Hotels oder der zweite Hochhausriese, das künftige „Upper West“, auf dem Areal des früheren Schimmelpfenghauses.

Den Breitscheidplatz wollen seine Kritiker „entrümpeln“. Einen ersten Schritt hat der Bezirk schon getan. Die ganzjährigen Verkaufsbuden rund um die Gedächtniskirche müssen im Januar 2014 weg. Das Besondere des historisch bedeutsamen Ortes soll dadurch mehr zur Geltung kommen. Doch beklagt wird auch, dass zwischen Kirche und Wasserklops keine größere Freifläche für ein Festzelt oder für Veranstaltungen zur Verfügung steht. Schuld sind die Platanen, die schön verteilt dort im Sommer grünen. Aber schmücken sie nicht auch den Platz?

Befragt man Passanten, ist die Ansicht fast einhellig. „Klar, die sollte man unbedingt schützen.“ Die Gedanken gehen zum Alexanderplatz, der so unwirtlich aussehe, weil Bäume fehlten. Erinnert wird an den Gendarmenmarkt, wo Bürgerinitiativen erfolgreich für den Erhalt der 115 Ahornbäume kämpften, die Bezirk und Senat fällen wollten. Außerdem signalisieren die Platanen, dass Breitscheidplatz und Ku’damm zusammengehören. Denn am Mittelstreifen des Ku’damms wurden die Platanen zur selben Zeit gepflanzt wie die meisten Bäume am Europa-Center – in den frühen 70ern.

Wenn überhaupt, dann stünden ja nur einige der jüngeren Bäume zur Disposition, bemüht sich die AG City West die Aufregung zu glätten. Thema werden die Bäume beim nächsten Treffen des „Runden Tisches Breitscheidplatz“ am 4. Dezember sein. Bezirksvertreter und Anrainer diskutieren dort Ideen zur Neugestaltung des Platzes. Spätestens bis zum Start des Christmarkts am 25. November bekommt der Breitscheidplatz aber erst mal noch einen neuen Baum: die traditionelle Weihnachtstanne, 27 Meter hoch.

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