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Berlin: Streit um NPD-Aufzug: Körting rügt Polizei

Journalisten-Gewerkschaft erwägt Klage Polizeichefin hielt Kundgebungsort am Alex geheim

Nach dem NPD-Aufmarsch am Sonntag auf dem Alexanderplatz gerät Polizeipräsidentin Margarete Koppers weiter unter Druck. Am Montag wurde sie nach Tagesspiegel-Informationen zu einem persönlichen Gespräch mit Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zitiert, weil im Vorfeld Journalisten Auskünfte zu der Nazikundgebung verweigert worden waren. Koppers hatte entgegen der Anordnung Körtings eine entsprechende Anweisung gegeben.

„Natürlich ist unsere Haltung weiterhin, solche Veranstaltungen einen Tag vorher bekannt zu geben“, sagte eine Sprecherin der Innenverwaltung.

Wie berichtet, hatte die NPD schon vor Wochen eine Kundgebung inklusive Auftritt einer Naziband direkt auf dem Alexanderplatz angemeldet. Im Internet mobilisierten die Rechtsextremisten jedoch zum S-Bahnhof Schöneweide in Treptow-Köpenick, um dadurch Gegendemonstranten in die Irre zu führen. Auf Nachfrage von Journalisten gab es keine Auskunft. Begründet wurde dies mit sonst zu erwartenden Gegenprotesten. In einer schriftlichen Antwort wurde zudem ausgerechnet auf die NPD-Internetseite mit dem bewusst falsch angegebenen Kundgebungsort verwiesen.

„Die Antwort der Polizei ist eine Frechheit“, sagte die stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft Deutsche Journalistenunion, Silke Leuckfeld. „Nach unserem Pressegesetz ist das, was die Polizei da macht, nicht rechtens.“ Dort heißt es: „Allgemeine Anordnungen, die einer Behörde Auskünfte an die Presse verbieten, sind unzulässig.“ Die Gewerkschaft will jetzt prüfen, ob sie gegen die Anweisung von Koppers juristisch vorgehen wird. Innensenator Körting hatte im Mai angekündigt, dass alle rechtsextremen Aufmärsche mindestens einen Tag vorher veröffentlicht werden müssen.

Die Opposition kritisierte das Verhalten der Polizei scharf. „Diese Geheimhaltungsstrategie ist völlig inakzeptabel“, sagte die Grünen-Abgeordnete Clara Herrmann. „Die Menschen haben ein Recht darauf, rechtzeitig zu erfahren, wann und wo Neonazis aufmarschieren wollen.“ „Es kann keine Geheimveranstaltungen für die NPD geben", sagte der Innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Robbin Juhnke. Er habe Verständnis für die Polizei, dem gewaltbereiten Teil der Gegendemonstranten mit taktischen Informationen nicht noch in die Hände spielen zu wollen. Aber trotzdem müsse zumindest einen Tag vorher jede rechtsextreme Veranstaltung veröffentlicht werden. FDP-Innenpolitiker Björn Jotzo plädierte ebenfalls für mehr Transparenz. Nur in absoluten Ausnahmefällen sei eine Geheimhaltung denkbar.

Auch die Linke kritisierte die Polizeipräsidentin: „Mit großem Unverständnis stellen wir fest, dass die Berliner Polizei das von Innensenator Körting gegebene Versprechen gebrochen hat“, sagte der Fraktionsvorsitzende Udo Wolf. „Die Polizei verhindert breiten zivilgesellschaftlichen Protest und konterkariert nicht nur unsere Arbeit, sondern auch die bisherige Linie des Senats“, sagte Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus.

Die Frage, ob es sinnvoll sei, geplante Naziaufmärsche geheim zu halten, um den Rechten keine zusätzliche Aufmerksamkeit zu verschaffen, beantwortet Politikprofessor Hajo Funke von der Freien Universität Berlin mit einem klaren „Nein“. „Die NPD ist längst über den Zustand hinaus, in dem man sie über Schweigen wegdefinieren könnte.“ In Mecklenburg-Vorpommern seien die Rechtsextremisten jahrelang von Politik und Zivilgesellschaft kaum beachtet worden und hätten so ungehindert in den Landtag einziehen können. „Gegen die NPD nicht öffentlich vorzugehen, macht sie nur stärker.“

Kurz vor der Wahl am kommenden Sonntag versuchen die Rechtsextremisten jetzt auf andere Weise auf sich aufmerksam zu machen: Ein Kleinflugzeug zieht seit Montag ein NPD-Banner über die Stadt. Johannes Radke

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