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Anschaulich. Hamburg verbeamtet und zahlt besser – viele Lehrer liebäugeln deshalb mit der Hansestadt.

© Kai-Uwe Heinrich

Streit um Verbeamtung: Umstrittene Kampfmethoden der jungen Lehrer

Charlottenburger Lehrer tragen Buttons im Unterricht, auf dem sie mit Weggang kokettieren. Sie wollen so für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld kämpfen. Ist das überhaupt erlaubt?

Dürfen Lehrer im Unterricht für bessere Arbeitsbedingungen werben? Wo kollidiert das Recht auf freie Meinungsäußerung mit der Neutralitätspflicht? Darüber streiten Juristen, Eltern, Schulleiter und Schüler anlässlich einer Aktion im Charlottenburger Heinz-Berggruen-Gymnasium, wo angestellte Pädagogen mit Buttons auf ihre Benachteiligung gegenüber verbeamteten Kollegen hingewiesen hatten. Am Mittwoch wurde klar: Die Lehrer stoßen auf Unterstützung – mit Einschränkungen.

Wie berichtet, hat sich eine neue Bewegung formiert („Bildet Berlin!“), die jetzt knapp 3000 Unterschriften für eine Besserstellung der angestellten Lehrer gesammelt hat. Sie wird flankiert von Aktionen wie die des Berggruen-Gymnasiums. Eine der Button-Aufschriften lautet dort „Hamburg – bald meine Perle“ und spielt darauf an, dass die Hansestadt die Lehrer besser bezahlt und verbeamtet.

Während von juristischer Seite Bedenken gegen diese Aktion vorgetragen wurden, ließen Eltern und Schüler keinen Zweifel an ihrer Zustimmung zu der Aktion. „Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Lehrer auf diese Weise auf die Ungleichbehandlung hinweisen“, sagte Landeselternsprecher Günter Peiritsch dem Tagesspiegel. Die jetzige Situation sei „prekär“. Er erlebt bei den Eltern „eine neue Qualitätsdiskussion“ angesichts der Tatsache, dass vor allem junge Lehrer mit guten Noten die Stadt verlassen.

Die Befürchtung, dass sich Schüler durch die Buttons der Lehrer unter Druck gesetzt fühlen könnten, teilt die Schülervertretung nicht. Sie fühlt sich auch nicht instrumentalisiert. „Wir wollen die besten, jüngsten, kompetentesten Lehrer“, begründen die Oberstufensprecherinnen Tabea Hirth und Carla Coburger ihr Engagement für die Besserstellung der Lehrer. Sie wollen eigene Buttons herstellen, um die Forderung nach einer Besserstellung der angestellten Lehrer zu erreichen. „Das machen wir aus reinem Egoismus“, stellen die Schülerinnen klar. Das Gerät für die Herstellung ihrer Buttons bekommen sie jetzt als Leihgabe vom Verein der Schulfördervereine – auf Vermittlung von Landeselternsprecher Peiritsch.

Ob das Vorgehen der Lehrer rein juristisch korrekt ist, lasse sich gar nicht so einfach beantworten, sagt Verwaltungsrechtler Ulrich Battis. Einerseits seien die Lehrer zur Neutralität verpflichtet. Andererseits gebe es aber auch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung. Battis verweist auf das Kopftuchurteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Richter hätten das Tragen des Kopftuches vor Schülern eben nicht verboten, sondern die Entscheidung dem Gesetzgeber überlassen. Laut Battis muss ein Schulleiter Lehreraktionen erst dann verbieten, wenn sie den Schulfrieden stören.

Im Laufe der Jahrzehnte gab es unterschiedlichste Entscheidungen zum Thema „Politik in der Schule“. Der Leiter des Pankower Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums, Bernd Schönenberger, erinnert daran, dass es Anfang der achtziger Jahre Lehrern verboten war, „Atomkraft – nein danke!“-Buttons zu tragen. Er findet aber, dass es sich bei der Aktion der angestellten Lehrer eher um eine persönliche als um eine politische Stellungnahme handele, weshalb er es seinen Kollegen eher nicht verbieten würde.

Ralf Treptow vom Verband der Oberstudiendirektoren unterstützt zwar ausdrücklich „die Lehrer, die eine gesicherte Zukunft in Berlin suchen“. Gleichzeitig würde er es aber wegen des Neutralitätsgebots den Lehrern „nicht empfehlen, mit solchen Buttons vor der Schülern herumzulaufen“, wie er sagt. „Das Tragen von Buttons kann dienstpflichtwidrig sein, wenn dadurch das Mäßigungsverbot verletzt wird. Dies wäre dann im Einzelfall zu prüfen“, sagt dazu die Bildungsverwaltung.

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