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Berlin: Streit um Wertekunde eskaliert

SPD-Politiker fühlen sich vom evangelischen Bischof Huber verunglimpft und fordern mehr Sachlichkeit

Eine Gruppe von 13 SPDAbgeordneten wirft dem evangelischen Bischof Wolfgang Huber im Streit um den Werteunterricht Verunglimpfung vor. Anlass sind Hubers Aufruf zu einem Werteunterricht, der auch die Wahl des Faches Religion möglich macht, sowie ein Artikel in der Zeitschrift „Die Kirche“. Die Abgeordneten haben Huber in einem offenen Brief gebeten, sich für eine „Rückkehr zur Sachdebatte einzusetzen“. Der Streit steht in engem Zusammenhang mit dem SPD-Parteitag, auf dem am kommenden Sonnabend über die Zukunft des Werteunterrichts an Berliner Schulen diskutiert werden soll.

Die SPD-Abgeordneten, zu denen der parlamentarische Geschäftsführer Christian Gaebler und Parlamentspräsident Walter Momper gehören, sind „überrascht über die Schärfe und Massivität der Kritik an der Diskussion in der SPD“ – auch durch Huber persönlich. Gaebler wollte Huber keine wörtlichen Zitate vorhalten, wies aber darauf hin, dass alle 13 Abgeordnete Protestanten seien. Schärfer noch als Huber habe der „Notbund für den evangelischen Religionsunterricht“ um den Anwalt Reymar von Wedel die SPD wegen ihres Vorhabens angegriffen, sagte Gaebler. Dass dies nicht ohne Wirkung geblieben sei, könne man sonntags in der Kirche bemerken. Inzwischen bekämen Sozialdemokraten zu hören, sie planten offenbar Einschränkungen der Religionsfreiheit, wie sie unter den Nationalsozialisten vorgenommen worden seien. Damit sprach Gaebler auch Unterschriftenaktionen der Kirchen für den Religionsunterricht an.

Im März hatte der „Notbund für den evangelischen Religionsunterricht“ in der Zeitschrift „Die Kirche“ an den von Martin Niemöller gegründeten „Pfarrernotbund“ erinnert. Dieser versuchte, Pfarrern zu helfen, die von ihrer Kirche – im vorauseilenden Gehorsam gegenüber den Nazis – vom Amt ausgeschlossen wurden.

Einer der Mitbegründer des „Notbundes für den Religionsunterricht“ schrieb in der Zeitschrift „Die Kirche“, die Berliner SPD versuche, die Konfessionen an den Rand zu drängen. „So schlimm wie 1933, als Niemöller den Pfarrernotbund gründete“, seien die Verhältnisse heute nicht, doch „es kann so werden“. Auch damals habe der Staat versucht, seine Ideologie gegen die Kirche durchzusetzen.

Im Büro von Bischof Huber kann man die Vorwürfe der SPD nicht nachvollziehen. Im Aufruf der Kirchen für „Wahlmöglichkeit beim Werteunterricht“ lautet die schärfste Formulierung, der Religionsunterricht solle „ein für allemal aus der Schule verbannt“ werden. Weiter heißt es, den Religionsunterricht zu verbannen, sei „mit Blick auf die deutsche Vergangenheit“ gefährlich und verantwortungslos.

Huber sei nicht für die Zeitschrift „Die Kirche“ verantwortlich, sagte sein Referent Martin Vogel. Das wollte Gaebler nicht akzeptieren: Der Bischof hätte sich mäßigend in die Auseinandersetzung einmischen können. Außerdem gehöre die Zeitschrift der evangelischen Kirche. Es gehe sie etwas an, wenn der Notbund darin agitiere. Bischof Huber will sich mit den Fraktionschefs des Abgeordnetenhauses treffen, hieß es in seinem Büro. Dann könne man über den Streit sprechen.

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