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Neubau am Messedamm. Die Deutschlandhalle ist abgetragen, an dieser Stelle entsteht ab Mai die künftige Kongresshalle City Cube.

© Simulation: Promo

Streit ums ICC: Messe Berlin macht Stimmung gegen das Kongresszentrum

Messe-Chef Raimund Hosch legt eine Debatte neu auf, die schon einmal die Stadt entzweite. Er will offenbar das ICC loswerden. Der Senat will aber am Plan festhalten, den Altbau zu sanieren und Kongresszentrum bleiben.

Die Messegesellschaft will das Internationale Congress Centrum (ICC) loswerden. Darauf lassen Äußerungen ihres Geschäftsführers Raimund Hosch schließen, der die Errichtung eines Neubaus vorschlägt für den Fall, dass der Senat das ICC anders nutzen wollte. Dabei war von einer solchen Absicht unter Senatsmitglieder bislang überhaupt keine Rede. Zumal Rot-Schwarz dazu den Koalitionsvertrag brechen müsste. Dieser schreibt die Sanierung und weitere Nutzung des ICCs als Kongressstandort fest.

Der Messe-Chef legt damit eine Debatte neu auf, die schon einmal im Jahr 2006 die Stadt entzweite. Da hatte der damalige Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) genau diesen Vorschlag schon einmal aufgebracht – war jedoch am Widerstand innerhalb der SPD und der SPD-geführten Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gescheitert. Nun legt die Messegesellschaft aber noch einen weiteren Köder aus: Sollte der Senat einem solchen „perspektivischen Gedanken“ folgen, würde die Messegesellschaft für den Neubau auch die Kosten von rund 45 Millionen Euro übernehmen, sagte Messe-Sprecher Michael Hofer.

„Die ICC-Sanierung ist die Geschäftsgrundlage für das Handeln des Senats – so ist es im Koalitionsvertrag vereinbart. Insofern ist der Neubau einer weiteren Halle nur eine hypothetische Möglichkeit“, sagte Christoph von Knobelsdorff, Staatssekretär bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft. Auch Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD), der für die ICC-Sanierung zuständig ist, hatte bei einer Veranstaltung des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller betont, dass es „in Berlin keine Mehrheit für einen Abriss des Gebäudes gibt“.

Das wäre auch gar nicht nötig, sagt der frühere Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linksfraktion), „man könnte das ICC anders vermarkten“. Interessenten habe es seinerzeit gegeben, als er selbst den nun neu aufgelebten Vorschlag gemacht hatte. Allerdings sagt Wolf auch, dass die Idee einer Schaustelle für Autoindustrie und Innovationen nicht durchgerechnet wurde, weil die ICC-Umnutzung „politisch blockiert“ wurde. Der frühere Wirtschaftssenator spricht sich auch heute noch für eine Umnutzung des Altbaus aus und – wegen der hohen Kosten einer Sanierung – ohne diesen umzubauen.

Auf die Seite des Linken schlägt sich in dieser Debatte der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Jan Eder. Bei „über 60 Milliarden Euro Schulden kann es sich Berlin nicht leisten, ein Haus instand zu setzen, das auch in Zukunft zweistellige Millionendefizite erwirtschaften wird“. Auch der IHK-Chef hofft auf einen Investor für das Gebäude und setzt dabei auf das ungebrochene Wachstum der Spielhöllen-Betreiber: „Das ICC könnte zu einem kleinen Las Vegas umgebaut werden“, sagt er.

Wie viel die Sanierung des ICCs kosten würde, hat bisher niemand öffentlich vorgerechnet. Von 180 Millionen Euro war zunächst die Rede, zuletzt von über 300 Millionen Euro. Von einer „Politik mit manipulierten Zahlen, um das ICC dicht zu machen“, spricht deshalb ICC-Architektin Ursulina Schüler-Witte. Mit ihren Zweifeln an den Sanierungskosten steht sie nicht alleine da. Auch SPD-Fraktionschef Raed Saleh hatte bereits die Vorlage eines Gutachtens „mit konkreten Zahlen“ gefordert.

Dass die Messe dem ICC einen Neubau vorzieht, liegt an den Betriebskosten des Altbaus: Die belaufen sich auf „rund zwölf Millionen Euro“, sagt Messesprecher Hofer. Eingenommen würden durch das Kongressgeschäft rund zehn Millionen Euro. Ein Millionendefizit bleibe also unter dem Strich. Durch die Sanierung könnte sich das allerdings ändern: Allein die neue Heizungs- und Klimatechnik werden den Energieverbrauch deutlich verringern. Aber auch dazu legte der Senat bisher keine genauen Zahlen vor.

Auch liegen „technische Machbarkeit und Kosten eines Abrisses bis heute im Dunkeln“, sagt der finanzpolitische Sprecher der Grünen Jochen Esser. Eine alternative Nutzung „als Baumarkt oder Spielcasino“ werde ebenfalls seit langem genannt. Doch in den ganzen Jahren habe niemand auch nur einen einzigen Interessenten dafür nennen können.

Der Messegesellschaft zufolge wächst ihr Flächenbedarf in den kommenden neun Jahren um rund 10 000 Quadratmeter. Die neue 65 Millionen Euro teure Mehrzweckhalle „City Cube“, die am Standort der abgerissenen Deutschlandhalle Ende 2013 öffnen wird, diene nur vorübergehend als Kongress-Standort. Danach soll die Sparte wieder umziehen – ins sanierte ICC oder in einen Neubau.

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