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Berlin: Strieder und Sarrazin greifen an: Ermittler haben nichts kapiert

Ex-Senator heute vor dem Untersuchungsausschuss - Anwälte weisen in Stellungnahme jede Schuld zurück

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Finanzsenator Thilo Sarrazin, Ex-Senator Peter Strieder und Staatssekretär Volkmar Strauch sind felsenfest überzeugt, dass sich die Staatsanwälte mit dem Verdacht der Untreue auf dünnem Eis bewegen. Die Stellungnahmen ihrer Anwälte wurden der Staatsanwaltschaft jetzt zugestellt – rechtzeitig, bevor Ex-Senator Peter Strieder am heutigen Montag als Zeuge vor den Tempodrom-Ausschuss tritt. Die Beschuldigten bestreiten in der Stellungnahme, vorsätzlich einen Vermögensschaden zulasten Berlins verursacht zu haben. Die Staatsanwaltschaft habe den Fehler gemacht, nicht zwischen dem Landeshaushalt und dem Vermögen der landeseigenen Investitionsbank (IBB) zu unterscheiden. Es handele sich um völlig getrennte Regelkreise.

So seien die 1,74 Millionen Euro für das Tempodrom „originäre Mittel“ der IBB gewesen, die weder dem Haushaltsrecht noch dem Einfluss des Parlaments unterlagen. Eine solche „Flucht aus dem Budget“ sei diskussionswürdig, aber nicht rechtswidrig. Auch der Bund finanziere öffentliche Aufgaben über „Nebenhaushalte“; zum Beispiel mit Hilfe der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Entsprechend habe die IBB nicht nur das Schul- und Sportstättensanierungsprogramm Berlins als eigenes „operatives Geschäft“ gefördert, sondern 2002 auch die Stiftung Neues Tempodrom. Eine „strukturpolitische Aufgabe“, die durch das IBB-Gesetz gedeckt sei. Die Beschuldigten lassen auch den Einwand nicht gelten, dass die Investitionsbank im Fall Tempodrom mit öffentlichen Mitteln rechtswidrig ein privates Projekt mitfinanziert habe. Die meisten IBB-Förderprogramme richteten sich an privatrechtlich organisierte Unternehmen und Einrichtungen. Dafür sei die Bank da. Entschieden wehren sie sich gegen den Hauptvorwurf, sie hätten den „Bankbeitrag“ der IBB für das Schul- und Sportstättensanierungsprogramm um jene 1,74 Millionen Euro gemindert, die dem Tempodrom zugute kamen. Dadurch sei dem Land Berlin ein Vermögensschaden entstanden.

Dieser Bankbeitrag (im Landeshaushalt 2002 mit „bis zu 51,13 Millionen Euro“ verbucht) ist nach Auffassung von Strieder, Sarrazin und Strauch nur eine „Einnahmeerwartung“ aus den Überschüssen der IBB. Er sei keine garantierte „Gewinnabführung“ an das Land und stehe unter dem Vorbehalt, dass ein ausreichender Jahresüberschuss erwirtschaftet werde. Berlin habe keinen Rechtsanspruch auf eine feste Summe. Wirtschaftliche Gründe – oder zusätzlicher Aufgaben – könnten den Bankbeitrag jederzeit schmälern. Die Beschuldigten erinnern daran, dass der Bankbeitrag 2002 wegen eines hohen Wertberichtigungsbedarfs sogar ganz ausfiel. In diesem Jahr wird er voraussichtlich nur 13 Millionen Euro betragen, obwohl im Landeshaushalt 15 Millionen Euro eingeplant sind.

Abgestritten wird auch, dass die IBB-Gelder für das Tempodrom im Haushalt hätten verbucht werden müssen. Es sei keine „Zuwendung“ der Förderbank an das Land gewesen, sondern eher eine Mischung aus Darlehen, verlorenem Zuschuss und Sponsoring. Außerdem wird dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft widersprochen, dass dem Sponsoring keine ausreichende Gegenleistung gegenüber stehe. Die beschuldigten Politiker weisen auch strikt zurück, „wie Glücksspieler“ gehandelt zu haben. Mit der IBB-Finanzspritze sei Zeit gewonnen worden, um den Veranstaltungsbetrieb des Tempodrom zu stabilisieren und nach der Insolvenz den Verwertungserlös zu steigern.

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