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Berlin: Strippenzieher aus Leidenschaft

Peter Kittelmann, der dienstälteste CDU-Kreisvorsitzende und Weggefährte Diepgens, ist tot

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Peter Kittelmann ist tot. Er starb an Krebs und ist nur 66 Jahre alt geworden. Im Lebenslauf des Berliner CDU-Politikers, eines der letzten Aktivisten aus der Generation Eberhard Diepgens und Klaus Landowskys, steht als Beruf: Rechtsanwalt. Ja, Kittelmann war Volljurist, aber in erster Linie war er Vollblutpolitiker. In Stendal geboren, zog er als 20-Jähriger nach West-Berlin, um an der Freien Universität zu studieren. Eigentlich wollte Kittelmann Tierarzt werden, aber nach ein paar Semestern wechselte er zu den Juristen, schloss sich als Student einer schlagenden Verbindung an und wenig später der CDU. In der Union hat er Karriere gemacht; das war sein Leben. Die politische Linke hat er immer bekämpft. Eher mit dem Degen als mit dem Florett. Die Kommunisten hat er gehasst, und mit tiefsitzendem Argwohn begegnete er den Grünen. Er war ein zielstrebiger, wenig kompromissbereiter Mensch. Für seine treuen Freunde Diepgen und Landowsky ein unentbehrlicher Ratgeber, nicht erst seit diese – als Regierender Bürgermeister und CDU-Fraktionschef – die Geschicke ihrer Partei und ihrer Stadt maßgeblich bestimmten. Man nannte sie die „Betonfraktion“. Kittelmann war ihr Manager. Kommunale Ämter, Parteiposten und Mandate hat er gesammelt wie andere Leute Briefmarken. Mit 35 Jahren wurde er Bezirksstadtrat in Tiergarten, und für seinen Kreisverband hat er schwarze Kassen geführt. 1976 zog er in den Bundestag ein, wurde außenwirtschaftspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, war zeitweilig Vize-Fraktionschef. 1994 ging Kittelmann ins Europaparlament, boxte sich auch dort, in der Fraktion der christdemokratischen Parteien, weit nach vorne durch. Er war früh Funktionär in der Jungen Union, er war stellvertretender CDU-Landesvorsitzender, er war Bezirksverordneter und Chef des „Förderkreises Junge Politik“. Und er war 34 Jahre Kreisvorsitzender der CDU Tiergarten, die später zur CDU Mitte fusionierte. Das erfüllte Kittelmann mit Stolz: dienstältester CDUKreischef in Deutschland zu sein. Vor einem Jahr wollten ihm jüngere Parteifreunde diesen Posten streitig machen. Ohne Erfolg. Denn Kittelmann war nicht nur ein taktisches Genie, das verlässlich dafür sorgte, für wichtige Sach- und Personalfragen die innerparteilichen Mehrheiten zu organisieren. Er war auch beharrlich. Als ihn Landowsky 1998 ausmanövrierte, um das EuropaparlamentsMandat anderweitig vergeben zu können, setzte Kittelmann durch, dass ihm noch eine Ehrenrunde im Berliner Abgeordnetenhaus gegönnt wurde. In den letzten Monaten war er dort selten zu sehen. Nur noch stundenweise. Die Krankheit, aus der er kein Geheimnis mehr machte, hat ihm die Kraft – und am Sonnabend das Leben genommen. Seit dem erzwungenen Generationswechsel in der Landes-CDU vor knapp zwei Jahren war er für viele nur noch ein politischer Dinosaurier. Der innerparteiliche Einfluss schwand, je länger er in alten Gewohnheiten und Traditionen verharrte. Landowsky und Diepgen wollte er noch retten, als sie schon nicht mehr zu retten waren. Die Bildung der rot-roten Koalition hat er mit ohnmächtiger Wut begleitet. Doch in den letzten beiden Jahren ist er weicher, leiser, nachdenklicher geworden. Streitlustig blieb er bis zuletzt – und es hat großen Spaß gemacht, sich mit ihm zu streiten.

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