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Berlin: Ströbeles letzte Chance – der Kampf um Kreuzberg

Weil die Berliner Grünen dem profilierten Linken keinen Listenplatz gaben, muss er seinen Wahlkreis gewinnen

Von Christoph Villinger

„Erststimme Christian Ströbele“. Seit Sonnabend hängen in den Straßen Kreuzbergs, Friedrichshains und des östlichen Teils von Prenzlauer Berg die Plakate des Direktkandidaten für den Bundestag Christian Ströbele. In diesem, neu zugeschnittenen Wahlkreis 84 tritt der 63-jährige Rechtsanwalt als Kandidat von Bündnis 90/Die Grünen an. Monika Herrmann aus seinem Wahlkampfteam sagt, sie zielten auf Erststimmen von SPD- und PDS-Wählern sowie von Menschen, die diesmal die Grünen als Partei nicht wählen wollen. In Ströbeles zehntausendfach verteiltem Flyer findet sich zur Zweitstimme nur die neutrale Information, dass man damit eine Partei wähle.

„Es ist machbar“, sagt Ströbele und hofft, im Wettstreit mit der PDS-Kandidatin und früheren Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Bärbel Grygier, und dem stellvertretenden Landesvorsitzenden der SPD, Andreas Matthae, mit „31 bis 32 Prozent“ als Erster durchs Ziel zu gehen. „Die Leute, auch im Osten, kennen mich aus den Medien und wissen, für welche Politik ich stehe“, sagt Ströbele. „Bei mir wissen sie, dass ich wirklich zu meinen Inhalten, dem Kampf gegen militärische Außenpolitik, gegen Korruption und Bestechung und für soziale Gerechtigkeit stehe.“ Den Spruch „Ströbele wählen heißt Fischer quälen“ auf seinem Wahlplakat solle man „nicht überinterpretieren“. Er mache keinen Wahlkampf gegen die Grünen, „sondern an der Seite der Grünen“. Auch Sibyll Klotz, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Abgeordnetenhaus, hat „mit dem Spruch kein Problem“. Das Spektrum der Partei reiche nun mal von Ströbele bis Oswald Metzger. Günter Schumacher aus Ströbeles Wahlkampfteam kann sich dagegen vorstellen, „dass viele Kreuzberger Grüne keinen Wahlkampf um Zweitstimmen für die Bundespartei machen wollen“. An zu vielen Punkten lehne man die Politik der Bundes-Grünen ab. Aber „für Ströbele setzen wir uns alle ein“.

Vorerst jedoch sprechen die Zahlen gegen den Direktkandidaten Ströbele, der im Januar 2002 bei der Listenaufstellung der Berliner Grünen gegen Werner Schulz unterlag. Bereits 1998 hatte er als Direktkandidat im damaligen Wahlkreis Kreuzberg-Schöneberg deutlich gegen Eckhardt Barthel von der SPD verloren. Der Sozialdemokrat erzielte mit 38,5 Prozent fast neun Prozentpunkte mehr als Ströbele mit 29,6 Prozent. Rechnet man die Ergebnisse von 1998 auf die jetzigen Wahlkreise um, so kommt man in Friedrichshain-Kreuzberg bei den Erststimmen auf einen Anteil von 36,5 Prozent für die SPD, 25,1 Prozent für die PDS und nur 17,6 Prozent für die Grünen. Doch hier sieht Ströbele noch viel Bewegungsmöglichkeiten. Insbesondere seien „die 60 Prozent Wähler aus dem Osten sehr viel mehr gewohnt, Erst- und Zweitstimme zu unterscheiden“. Auch Gregor Gysi habe bei der letzten Bundestagswahl 17 Prozentpunkte mehr Erststimmen erhalten als die PDS Zweitstimmen. Und für Monika Herrmann gibt es noch ein Argument, mit dem sie die Wähler überzeugen will: „Grygier und Matthae sind über Listenplätze ihrer Parteien abgesichert. Ströbele kommt nur in den Bundestag, wenn er direkt gewählt wird.“

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