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Berlin: Strom weg, Gas weg, Wasser weg

Streit um Sanierung schneidet Mieter in Prenzlauer Berg von aller Versorgung ab

Gas gibt es in der Wohnung schon seit November nicht mehr, die Wasserleitungen sind seit zwei Monaten unterbrochen. Trotzdem harrte ein Mieter der Hufelandstraße 5 in Prenzlauer Berg mit seiner Freundin in den Räumen aus. Erst als jetzt auch noch der Strom abgestellt wurde, zogen beide vorübergehend zu Bekannten. Aber der Streit mit dem Vermieter geht weiter – am Montag auch vor Gericht.

Dabei soll das Haus im Sanierungsgebiet Bötzowviertel eigentlich nur schöner werden. Die Stuttgarter Eigentümerfirma Kickler modernisiert das fast 100 Jahre alte Gebäude. Aber einer der Mieter war von Anfang an nicht einverstanden. Vor allem störte ihn die „ungenaue“ Ankündigung der Arbeiten, die Mieterhöhung und geplante bauliche Veränderungen. Deshalb verweigerte Werner O. – er möchte seinen vollen Namen nicht genannt sehen – seine Unterschrift auf einer Modernisierungsvereinbarung. Die Eigentümer verklagten ihn auf Duldung der Bauarbeiten.

Nach und nach montierten Handwerker die alten Installationen für die Energie- und Stromversorgung ab. Der Mieter hätte sich an die neuen Leitungen anschließen lassen können, wie es die Nachbarn bereits getan haben. Doch eine Anwältin riet ab: Die Duldung der Arbeiten könne im Prozess als Zustimmung zur Modernisierung gewertet werden. Also ließ O. keine Installateure in die Wohnung.

Dann wurde plötzlich das Gas abgestellt. Die Vermieter begründeten das mit undicht gewordenen Rohren, stellten aber immerhin elektrische Radiatoren zur Verfügung. Als wenig später auch kein Wasser mehr floss, half eine Nachbarin. Mehrmals täglich konnten die Mieter ein paar Eimer bei ihr füllen. Die Vermieterfirma argumentiert, ohne den Abbau der alten Wasserleitungen wäre der Neuanschluss anderer Wohnungen nicht möglich gewesen. Zum folgenden Stromausfall soll dann eine versehentliche Beschädigung von falsch verlegten Kabeln durch den Schornsteinfeger geführt haben. Der Mieter glaubt das nicht, sondern eher an „Schikane“ und hat die Mietzahlungen inzwischen eingestellt.

Mittes Baustadtrat Martin Federlein (CDU) leitete inzwischen ein Verfahren gegen die Vermieterfirma ein. „Wir sind den Interessen der Mieter gefolgt“, sagt er. Der Bezirk ordnete an, die „ursprüngliche Wasserversorgung wiederherzustellen“ – um Strom und Gas ging es zunächst nicht. Weil die Eigentümer dies ablehnten, wurde inzwischen ein Zwangsgeld von 5000 Euro festgesetzt und ein zusätzliches Bußgeld angedroht. Doch dies Maßnahme bleibt vorerst wirkungslos, weil die Firma dagegen Rechtsmittel eingelegt hat.

Das Verhältnis der Vermieter zu manchen Institutionen war schon vorher gespannt. Als „Mieteraufhetzzentrale“ titulierte der Geschäftsführer des Stuttgarter Unternehmens die Mieterberatung Prenzlauer Berg. Diese hatte Werner O. empfohlen, die Modernisierungsvereinbarung abzulehnen.

Für Hartmann Vetter vom Berliner Mieterverein ist klar, dass ein Vermieter „nicht einfach die Versorgung kappen darf“. Solange das Gerichtsverfahren andauere, müsse der alte Zustand beibehalten werden. „Alles andere ist Selbstjustiz.“

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