zum Hauptinhalt

Debattierclubs: Studenten üben bei Wortgefechten Reden und Argumentieren

Der Berliner Debattierclub Debating Union gehört zu den ältesten deutschen Uni-Redevereinen. Jetzt ist ihm ein besonderer Coup gelungen: Ab Ende 2012 wird die WM im Debattieren in Berlin stattfinden.

„Dieses Haus verbietet Luxus, solang es Hunger auf der Welt gibt“, eröffnet die Regierung das Redespiel mit der Forderung, den Spitzensteuersatz auf 60 Prozent zu erhöhen. Der Antrag zur Luxusabschaffung stammt aber nicht von der schwarz-gelben Regierung, sondern von Studenten des Debattierclubs der Berliner Universitäten, genannt Debating Union e. V. Die reden, wenn andere bolzen. Spielball und -bein sind hier Stift und Stimme. Debattieren liegt im Trend und jetzt holte die Debating Union sogar die nächste Weltmeisterschaft zum Jahreswechsel 2012/2013 nach Berlin.

Die Debating Union gehört zu den ältesten unter den universitären Redevereinen und besteht mittlerweile gut zehn Jahre. „Wir sollten die Scheckbuchdiplomatie weiterführen, wenn wir damit Menschen helfen“, fordert die simulierte Regierung. Schlagfertig werden Worte und Argumente gegeneinander ausgespielt. Redner Bastian Laubner, 27, weißes Shirt und blaue Jeans, spielt heute Opposition. Eifrig hat sich der Doktorand der theoretischen Informatik die Argumente der Regierung mit dem Stift notiert, jetzt hält er mit seiner Stimme strategisch dagegen. Kenntnisreich bringt er sein Wissen um deutsche Steuergelder und Entwicklungshilfe ins Spiel. Die argumentativen Manöver sitzen, Bastian liegt in Führung. Die hitzige Debatte treibt den Adrenalinspiegel der 15 Studenten nach oben. Jeden Dienstag trifft sich die Debating Union in der Humboldt Universität, Invalidenstr. 110, um im British Parlamentary Style das Reden zu trainieren. Dabei kämpfen jeweils Zweierteams als Regierung (pro) und Opposition (contra). Um auch international wettstreitfähig zu sein, wird neben Deutsch auf Englisch debattiert.

Die Berliner Debating Union rangiert nach Münster und Mainz auf Platz drei aller deutschen Debattier-Clubs. Im Herbst 1999 gründete sich der Club unter dem Namen Streitzeit am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität und hat heute rund 100 Mitglieder. Seit 2001 nennt er sich Debating Union und initiierte im selben Jahr die erste deutsche Debattier-Meisterschaft in Berlin. Während angelsächsische Länder auf eine hundertjährige Tradition zurückblicken und das Debattieren in die Lehrpläne schreiben, ist das gepflegte Wettkampfdebattieren in Deutschland noch jung. Mittlerweile gibt es aber 66 Vereine in Deutschland, die sich unter dem Dachverband der Debattierclubs an Hochschulen (VDHC) organisieren.

Bastian, Altpräsident des Berliner Clubs, debattiert seit sechs Jahren und hat „Spaß an dieser Form des Sports“. Argumentativ und inhaltlich fit hält sich Bastian mit regelmäßiger Rede und Lektüre der Tagespresse. Debattieren fördere die kommunikative Kompetenz, sagt er. Die rhetorisch schöne Rede ist nur ein Nebeneffekt. „Das ist wie Schwimmen und Bodybuilding, ein breites Kreuz kriegt man von beidem, aber beim Schwimmen steht das nicht im Vordergrund.“

Das Debattieren schult die für den Lebenslauf wichtigen Schlüsselkompetenzen, sagt Tim Richter, Vorstand des VDHC. Die können auch im späteren Beruf hilfreich sein. Einige nutzen den Debattierclub als Rhetorikkurs oder Vorbereitung für die mündliche Prüfung, für andere ist es der Spaß am gekonnten Schlagabtausch selbst.  Zwischen Ernstem und Spaßigem, Idealistischem und Politischem wird alles verhandelt. „Hauptsache es ist ein streitbares Thema“, sagt Patrick Ehmann, Präsident der Debating Union. Auf der Streitagenda stehen Fastfoodsteuer und Süßigkeitenverbot, Gebetsräume an Schulen oder Abfindung statt Kündigungsschutz. Mit seinem Debating Team fährt Patrick regelmäßig zu Redeturnieren. „Man kommt viel rum“, sagt er, „London, Istanbul oder Vancouver“. Dabei ist er nicht nur Debattant, sondern tritt ebenso als Juror auf. Auch das Kritisieren und die eigene Kritikfähigkeit will gelernt sein. Patrick juriert auch die heutige Luxusdebatte. Bastians Team gewinnt. Sportlich schütteln die gegnerischen Teams Hände und klopfen auf Schultern.

Zur Startseite