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Studie: Berlin: Arm, aber ziemlich innovativ

Eine Bertelsmann-Studie lobt in einem Ländervergleich Berlins Sparpolitik und die Hightech-Förderung. Doch nirgendwo gibt es mehr Bedürftige.

Berlin berappelt sich – doch ein echter Aufstieg im Wettbewerb der Bundesländer ist der Stadt noch nicht gelungen. Fast nirgendwo in den 16 Bundesländern ist es schlechter bestellt um die „Sicherheit“ und nur in Mecklenburg-Vorpommern ist die Lage bei der Beschäftigung noch schlechter. Dafür hat Berlin bei den Einkommen mit Platz elf wenigstens alle Wettbewerber aus den neuen Ländern überholt. Trotzdem ist das Armutsrisiko in der Stadt so groß wie sonst nirgends in Deutschland. Das zählt zu den Ergebnissen des „Standortwettbewerbs 2010“ der renommierten Bertelsmann-Stiftung.

Die Bedeutung des Bundesländervergleichs lässt sich daran ablesen, dass nach der letzten Erhebung vor zwei Jahren der damalige Finanzsenator Thilo Sarrazin persönlich zur Feder gegriffen hatte, um dem Bertelsmann-Vorstand die Leviten zu lesen. Vielleicht wird er deshalb nun ausdrücklich gelobt: Zwei Jahre ohne neue Schulden, die Haushaltskonsolidierung sei für Berlin der richtige Weg. Und die Wissenschaftler empfehlen: weiter so! Sparpotenzial gebe es etwa bei den Personalausgaben. Nur in Bremen gebe es deutschlandweit noch mehr öffentlich Beschäftigte pro Einwohner.

Gute Noten bekommt die Stadt für die hohen Ausgaben in Forschung und Entwicklung – in keinem Bundesland wird mehr pro Kopf investiert. Und nur in drei anderen Bundesländern gibt es mehr Professoren in den Bereichen Technik- und Naturwissenschaft. Diese Politik wird belohnt mit zahlreichen neuen Patentanmeldungen im Hochtechnologiebereich. Berlin belegt insgesamt den dritten Platz im Bereich Forschung und Wissenschaft. Und weil Innovation ein Motor für Wirtschaftswachstum ist, sind diese Erfolge wichtig. Überraschend, dass trotzdem die Zahl der Beschäftigten in der Hightech-Branche mit nur sechs Prozent der Erwerbstätigen unterdurchschnittlich ist. Dabei werden in Berlin auch mehr Hightech-Firmen gegründet als im Bundesdurchschnitt. Dafür gibt es in keinem andren Land weniger Ausbildungsstellen je Schulabgänger. Beide Zahlen zeigen: Der Wechsel von der Schule oder von der Uni in den Job gelingt in Berlin zu wenigen Menschen.

Das schlägt sich auf den Arbeitsmarkt nieder: 67 Beschäftigte pro 100 Einwohner im erwerbsfähigen Alter – nur in vier anderen Ländern ist das Verhältnis noch schlechter. Auch die Zahl der auf staatliche Hilfe angewiesenen Menschen ist hier überdurchschnittlich hoch. Für die Verfasser der Studie hängt das einerseits mit den „instabilen Familienstrukturen“ zusammen: Nirgendwo in Deutschland ließen sich mehr Ehepaare scheiden, und die vielen Alleinerziehenden seien besonders von Armut bedroht. Ursache der schlechten sozialen Lage sei ferner, dass es „an der Integration ausländischer Mitbürger hapert“. Erschwerend für Berlin kommt die geografische Lage hinzu. Denn bei der Verteilung von Wohlstand und Wirtschaftskraft gibt es laut Studie nicht nur ein Ost-West, sondern auch ein Nord-Süd-Gefälle – am besten geht es den Menschen im Südwesten der Republik.

Und Brandenburg? Liegt vor Berlin bei der Sicherheit (Rang 11) und bei der Beschäftigung (14), bei den Einkommen dagegen zwei Ränge hinter der Hauptstadt. Vor allem die deutschlandweit niedrigste Erwerbstätigenquote schreckt dabei auf. Das ist auch der zweitschlechtesten Wirtschaftskraft bundesweit zu schulden. Gelobt wird Brandenburg wie Berlin für die „solide Haushaltspolitik“. Doch anders als in der Hauptstadt fließe zu wenig in Bildung und Forschung.

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