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Das muslimische Model, das in einem Werbevideo der Modekette H&M einen Hidschab trägt sorgte unlängst für Aufruhr.

©  H&M/dpa

Studie über Akzeptanz und Rassismus: Berliner gegenüber Muslimen ambivalent

Eine Studie hat 569 Berliner nach ihrer Einstellung gegenüber Muslimen befragt. Grundsätzlich ist die Haltung positiv, doch es gibt auch viele Vorbehalte.

Wer in Berlin lebt, ist deutlich offener für eine ethnisch und weltanschaulich bunte Gesellschaft als die deutschen Durchschnittsbürgerinnen und -bürger. In einer Studie des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) waren fast 70 Prozent der Berliner der Meinung, dass die Kultur von Muslimen Deutschland bereichere, im restlichen Bundesgebiet meint dies nur etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung (54,6 Prozent). nur 16 Prozent (im übrigen Deutschland 21 Prozent) Muslime für eine Belastung des Sozialstaats - in der Stadt, auf die der frühere Finanzsenator und Bestsellerautor Thilo Sarrazin ("Deutschland schafft sich ab") seine Behauptung bezog, die Mehrheit der hiesigen Muslime habe "keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel"- Auch wenn es um die Ausübung der Religion geht, sind die Hauptstädter toleranter: Zwar würde ein gutes Drittel der Berlinerinnen und Berliner (35 Prozent) den Bau von Moscheen einschränken, das sind aber immer noch acht Prozentpunkte weniger als die im übrigen Bundesgebiet. Auf die eher abstrakte Frage des Forschungsteams nach mehr oder weniger Anerkennung von Muslimen allerdings sind die Antworten in- und außerhalb Berlins gleichermaßen deutlich höher: 66 beziehungsweise 68 Prozent deutschlandweit meinen: "Wir sollten Muslimen mehr Anerkennung entgegenbringen."

Muslim und "deutsch" wird immer noch als Gegensatz gesehen

Wobei das Wir ausgrenzt, auch im toleranten Berlin: Kontrollfragen des Forschungsteams hätten "ergeben, dass Muslim und deutsch als gegensätzliche Kategorien gesehen werden", sagte die stellvertretende Direktorin des BIM, Professorin Naika Foroutan, als sie und ihre Kollegen sie am Mittwoch vorstellten. Und auch die höhere Akzeptanz in religiösen Fragen ist gemischt. Sie folge einem Muster, sagte Steffen Beigang, einer der Autoren der Befragung. Ja zur individuellen Religionsausübung, Skepsis, wenn dies sich in öffentliche und staatliche Angelegenheiten reicht. "Den Religionsunterricht befürwortet noch eine Mehrheit, aber sie ist kleiner als die bundesweite", sagt Beigang. Das Kopftuch auf dem Kopf von Lehrerinnen akzeptiert mehr als die Hälfte (54,3 Prozent) in Berlin, im deutschen Schnitt gibt es dagegen eine Mehrheit dagegen (nur 42,3 Prozent Zustimmung). Es werde, meint Foroutan, zwar offensichtlich als religiöses Symbol gesehen, aber als "ein individuelles Zeichen, das man nicht antasten wolle".

Was sind eigentlich Muslime?

Was mit der Frage nach "Muslimen" gemeint sei, legte das Team des BMI in den Fragen nicht fest - man holte, so Steffen Beigang, deren eigene Zuschreibungen ab. Wie stark der Begriff, wer muslimisch sei, schillert, ist mehrfach beforscht worden; Foroutan wies auch auf eine Präsentation ihres Instituts hin, die "Von Bin Laden bis Dönerladen" etwa 8000 unterschiedliche Assoziationen vorstellte, die das Team im Lauf seiner Studie auf die Frage erhielt: "An wen denken Sie, wenn Sie Muslim hören?" Im letzten Jahr hatte das BIM seine erste Metropolenstudie über Hamburg vorgestellt, in der es zum Muslimbegriff nachgehakt hatte. Aktuell hat etwa 20 Prozent der deutschen Wohnbevölkerung einen Migrationshintergrund, in Berlin sind es mehr. Im östlichen Stadtgebiet von Berlin leben zwar nur 16,5 Prozent Migranten, im Westen allerdings 36,1 Prozent.

Das Wissen über Muslime bezogen Berlinerinnen und Berliner übrigens in erster Linie aus Gesprächen mit ihnen selbst (44 Prozent), während im übrigen Deutschland das Fernsehen die erste Informationsquelle (44 Prozent) ist. Das scheint der Offenheit zu nutzen: "Wer sich stärker im Fernsehen informierte, war auch eher muslimskeptisch", sagt Foroutan. Dem Wissen über Muslime scheinen die häufigen Kontakte freilich nicht aufzuhelfen: 68,7 Prozent der Befragten in der Hauptstadt gaben an, wenig oder nicht so viel über sie zu wissen - noch etwas mehr als im Bundesschnitt (66,7 Prozent). Die Begegnungen am Arbeitsplatz oder in der Nachbarschaft, vermutet Ko-Autor Canan Coskun, hätten offenbar "eine andere Qualität" als die, über die Weltanschauung oder Kultur der Nachbarn klüger zu werden.

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