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Hier spielt die Musik. Auf seiner Tour durch den Graefekiez bekam der Regierende einiges zu hören – unter anderem das Flötenspiel von Georg Wolfgang Haberstock. Foto: dpa

© dpa

Friedrichshain-Kreuzberg: Wowereit hört beim Kiezbesuch viel über hohe Mieten

Am Kottbusser Tor und im Graefekiez bekam Klaus Wowereit mit, was ihn im Wahlkampf erwartet: Das gefährdete Zusammenleben in schwierigen Vierteln und die steigenden Mieten könnten bestimmende Themen werden.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Am Kottbusser Tor gerät der Zeitplan aus den Fugen. Ladenbesitzer und Rentner, Kita-Erzieherinnen und Anwohner drängen sich um den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit. Alle reden auf ihn ein, denn am Kotti gibt es so viele Probleme. Die hohen Gewerbemieten, die den kleinen Mittelstand kaputt machen. „Der Inder um die Ecke“, erzählt einer, „hat erst vor einem halben Jahr aufgemacht und ist schon wieder pleite.“ Und das Altenheim und die Kita sorgen sich, weil die Präventionsarbeit für die Fixer direkt vor ihrer Tür stattfindet.

Wowereit hört in Ruhe zu und verweist die Leute von den Anwohnerinitiativen und die Gewerbetreibenden ans Quartiersmanagement. „Die können Sie vergessen“, bekommt er zu hören. „Nein, mit denen müssen Sie sich auseinandersetzen, wenn Sie das Gefühl haben, es läuft was falsch“, sagt der Regierende. Der Spielplatz um die Ecke sei auch nicht benutzbar, klagt eine Frau. Dort lungerten pubertierende Jungen herum und belästigten die Kleinen. Zwischendurch drängeln sich Passanten an die Seite Wowereits und lassen sich mit ihm fotografieren. Er trägt schwarzen Sommeranzug und Freizeithemd. Am Wochenende geht es in den zweiwöchigen Urlaub.

Hier am Kottbusser Tor, und vorher schon im mediterran angehauchten Graefekiez, bekommt der Regierungschef mit, was ihn im Wahlkampf 2011 erwartet: Das gefährdete Zusammenleben in schwierigen Vierteln und die steigenden Mieten, so der Eindruck beim Bezirksbesuch in Friedrichshain-Kreuzberg, könnten bestimmende Themen werden.

Im Gemeindehaus der Christuskirche in der Dieffenbachstraße sitzt Wowereit ab 10 Uhr im großen Stuhlkreis mit Mietern und Aktivisten. Der grüne Bezirksbürgermeister Franz Schulz lässt sich urlaubsbedingt entschuldigen. Der Tenor des Gesprächs: Der Kiez ist beliebt und entwickelt sich gut, aber bei Neuvermietungen steigen die Mieten enorm, und die Ureinwohner fühlen sich an den Rand gedrängt. Oder müssen sogar wegziehen. „Die Kreuzberger Mischung kommt abhanden“, klagt der Mann von der Mieten-AG. „Bald kann sich nur noch die Mittelschicht leisten, hier zu leben.“ Der Hinweis Wowereits, dass der Senat wenig Möglichkeiten habe, die Mietentwicklung zu stoppen, weil es sich in der Regel um Bundesrecht handele, wird zwar verstanden, stellt aber viele nicht zufrieden.

Noch ein Abstecher zur Admiralbrücke, wo die Anwohner unter den nächtlichen Partys leiden. Erst in der Nacht zu Mittwoch hatten Polizisten 200 Feiernde dort vertreiben müssen. Wowereit hört sich alles an, aber hält sich zurück. „Ich könnte sagen, das sei touristisch wunderbar, aber das sage ich nicht, denn hier vor Ort sind Menschen davon betroffen.“ Dann lenkt ihn ein Dampfer ab, der unter der Brücke langfährt. Er winkt – und viele winken johlend zurück.

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