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Berlin: Stulpe von Frau Tulpe

Designerin Tanja Gehrmann verkauft, was man zum Schneidern braucht und manchmal auch fertig Genähtes. Für Hilflose hält sie Näh-Sprechstunde

Blumenmuster, damit kann Frau Tulpe dienen, die hat sie reichlich: auf Stoffe gedruckt oder als Borte, die man auf Pulloverärmel oder auf Hosensäume nähen kann. Tanja Gehrmann ist „Frau Tulpe“. Dass sie vor allem Stoffe verkauft, ist schwer zu übersehen. Ein kleiner Eingangsbereich mit einer Kasse und Regalen, in denen Einweckgläser voller Plastikperlen in verschiedenen Farben und Formen stehen. Dann der Verkaufsraum, voll mit Stoffrollen. Grob gewebte Baumwolle, gemustert – in Pastelltönen, pink und braun– oder uni. Kunstseide in Weinrot oder Perlgrün mit feinen chinesischen Motiven. Stoffrollen auf Regalen. Ein mächtiger Zuschneidetisch.

Warum heißt solch ein Laden Frau Tulpe? „Ich habe mir einen Künstlernamen überlegt, damals im Studium. So was braucht man doch irgendwie als Designer. Na, und dabei ist TT rausgekommen, Tanja Tulpe.“ Jetzt: Frau Tulpe. Denn das Design-Studium ist einige Zeit her. Tanja Gehrmann hatte Berlin schon mal verlassen, arbeitete fünf Jahre in Hongkong und Hamburg. Jetzt ist sie zurück, 33 Jahre alt. Und selbstständig seit gut zwei Monaten. „Ich glaube, ’Frau Tulpe’ konnte es nur in Berlin geben“, sagt sie. „Was Mode angeht, sind die Leute hier immer etwas mutiger als anderswo.“ Im Moment empfindet sie die Auslagen der Modegeschäfte als besonders langweilig. Anderen scheint das ähnlich zu gehen. Eine Avantgarde in Prenzlauer Berg hat das Stricken wiederentdeckt. Warum sollten die Leute, auch junge, nicht selber nähen? hat sie sich gefragt. Was dabei herauskommen kann, hängt, steht oder liegt auch in ihrem Laden: Handtaschen, Röcke, Pullover, Mäntel. Anfangs, sagt Tanja Gehrmann, seien viele Nachwuchsdesigner zu ihr gekommen, die ihre Läden ein paar Straßen weiter haben. „Jetzt ist die Kundschaft sehr gemischt. Das freut mich.“ Sie meint: Der Laden sieht von außen ziemlich hip und, nun ja, jung aus, wie es in der Gegend um den Zionskirchplatz schon mal vorkommt. Aber es hat die Mütter der jungen Mütter nicht davon abgehalten, hier ihre Stoffe zu kaufen oder die Näh-Beratung in Anspruch zu nehmen, die Tanja Gehrmann jede Woche kostenlos anbietet.

Etwas versteckt in einer Ecke des Ladens steht ihr Werkzeug: eine alte „Adler“ aus den sechziger Jahren, mit einem ganz neuen, stärkeren Motor. Die Maschine gibt ganz gut wieder, was Tanja Gehrmann vor hat: Die alte Erfindung Nähen aufzupäppeln.

Frau Tulpe, Stoffe & Accessoires, Veteranenstraße 19, Mitte. Tel. 4432-7865.

Sie wollen Stulpen verschenken und sie mit Tanja Gehrmanns Hilfe nähen lernen? Kommen Sie zum Workshop am Donnerstag, 16. Dezember, 17 bis 20 Uhr. „Frau Tulpe“, Veteranenstr. 19, Mitte. Kosten: 12 Euro p. P., max. 10 Personen.

Anmeldung unter Tel. 4432-7865 oder 0172-4344938.

Marc Neller

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