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Berlin: Stummfilm in der Garage

Ein Filmfan eröffnet sein eigenes Kino. Allerdings fehlt noch was.

Michendorf - Ein Gong ertönt, der Vorhang geht auf. Es rattert und flimmert, wenn sich die Filmrolle im historischen Projektor dreht. Nach kurzer Zeit steht dem Vorführer der Schweiß auf der Stirn. Filme zu zeigen bedeutet für Jakob Damms Handarbeit. Den Filmprojektor bedient er per Kurbel. „Das ist echtes Kino oder zumindest Kino, so wie ich es verstehe“, erzählt der 44-Jährige.

Jakob Damms’ Flimmerkiste befindet sich im Michendorfer Ortsteil Wilhelmshorst, und zwar in seiner umgebauten Garage in der Peter-Huchel-Chaussee. An der Rückwand des kleinen Raums hängt schon ein brauner Samtvorhang, demnächst will er hier Nachbarn empfangen. Scheinwerfer liegen auf dem Boden, ein Sofa und einen Tisch gibt es auch. „Das letzte Kino“ – so der Name – soll Programm werden: „Es ist einer der letzten Orte, an dem noch alte Kinokultur praktiziert wird.“

Viel Platz gibt es im neuen Filmtheater nicht. Etwa 15 Zuschauer passen hinein. „Wenn weniger kommen ist es nicht schlimm, ich lebe ja nicht davon.“ Sein Projekt betreibt er aus Leidenschaft. Er nennt sich selbst altmodisch, will das Kinoerlebnis aus alten Zeiten teilen. „Das macht dem Publikum Riesenspaß, wenn sie selber kurbeln dürfen.“ So könne man selber das Filmtempo bestimmen und merke, wie anstrengend das sei. Nächste Woche wird er sein Projekt den Anwohnern vorstellen.

Kino wie damals heißt für Damms, vor allem Stummfilme zu zeigen, die mit Klaviermusik und teilweise von einem Kinoerzähler begleitet werden: „Bei mir wird es aber nicht die Blockbuster, wie zum Beispiel Fritz Langs ,Metropolis’, geben.“ Es sind vergessene Schätze, die Damms aus nationalen und internationalen Archiven kramt. Mit den Filmen sind Geschichten verbunden: „Ohne pädagogisch sein zu wollen, erzähle ich etwas über den Film – das ist immer eine Reise.“ Das Publikum soll staunen und verblüfft sein: Wer weiß heute noch, dass die Stummfilme ursprünglich oft farbig oder getönt waren? Die alten Nitrofilme, die schon bei weniger als 40 Grad zu brennen anfingen, wurden in der Bundesrepublik 1957 verboten. Um sie dennoch zu erhalten, wurden sie auf Schwarz-Weiß kopiert. „Das war einfacher und billiger“.

Für sein Publikum putzt Damms sich heraus, mit Anzug und Zylinder. So tritt er auch mit seinem Freund und Partner, dem Pianisten Georg von Weihersberg auf. Die beiden sind hauptberuflich mit dem „cinema mobile“, einem Wanderkino, unterwegs. Mit Kostümen, einer Kinoerzählerin und dem handbetriebenen Stummfilmprojektor machen sie Kino an ungewöhnlichen Orten – in Hinterhöfen, Kirchen und Kneipen.

Da historisches Kino aber nicht wie heute auf Knopfdruck funktioniert, muss Damms vor den Auftritten den Ablauf proben. „Da dachte ich mir, wieso die Generalprobe nicht öffentlich machen.“ Mit einer Projektwoche, die am kommenden Montag beginnt, will er rund 800 Euro Spenden sammeln. Die Garage ist bisher noch sehr provisorisch. Er braucht noch dringend eine Toilette und ein Klavier. Eva Schmid

Mehr über die Filmgarage auf

www.dasletztekino.de

Eva Schmid

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