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Berlin: Supermarktkette Meyer & Beck soll verkauft werden Der bisherige Eigentümer Dr. Oetker will sich noch

in diesem Jahr von dem Traditionsunternehmen trennen

Von Ingo Bach

und Cay Dobberke

Erneut ist in ein renommiertes Berliner Unternehmen Unruhe eingekehrt: Die Supermarktkette Meyer & Beck soll verkauft werden. Der jetzige Eigentümer, der Lebensmittelkonzern Dr. Oetker, teilte gestern auf seiner Bilanzpressekonferenz in Bielefeld überraschend mit, dass die Supermarkttochter im nächsten Jahr nicht mehr zur Gruppe gehören werde. Weitere Auskünfte, zum Beispiel zu möglichen Käufern, lehnte ein Firmensprecher gegenüber dem Tagesspiegel ab.

Für die Kunden werde sich wahrscheinlich wenig ändern, sagen Beobachter. Denn der in Berlin gut eingeführte Markenname Meyer & Beck werde sicher mit verkauft. Wie wichtig der Name ist, hat auch schon die traditionsreiche Lebensmittelkette Bolle bewiesen, deren Name nach der Übernahme durch den Metro-Konzern nur kurzzeitig aus dem Berliner Stadtbild verschwand. Inzwischen kann man wieder unter dem Firmenzeichen Bolle einkaufen.

In Gewerkschaftskreisen erwartet man jedoch, dass der neue Eigentümer von Meyer & Beck unrentable Filialen schließen werde und Mitarbeiter auf die Straße setzen könnte. Das sei bei solchen Transaktionen durchaus üblich. Dass es der nur im Großraum Berlin vertretenen Supermarkt-Kette nicht gut geht, sagte gestern auch Konzern-Chef August Oetker: Meyer & Beck habe 2002 erneut ein unbefriedigendes Geschäftsjahr erlebt, sagte er. Der regionale Lebensmittelhändler betreibt nach Angaben der Konzernmutter 53 Filialen in Berlin und Brandenburg und beschäftigt mehr als 1000 Mitarbeiter. Im vergangenen und in diesem Jahr seien zehn Filialen aufgegeben worden, Ende Juni traf es einen Markt am Hohenzollerndamm in Wilmersdorf.

Die Mitarbeiter des Unternehmens waren gestern von der Nachricht überrascht worden. „Wir haben davon aus den Nachrichten erfahren“, sagt ein Marktleiter aus Wilmersdorf. Seine Filiale sei aber rentabel und deshalb wohl auch nicht gefährdet.

Meyer & Beck entstand 1985 durch die Fusion zweier Lebensmittelketten: der 1890 gegründeten Firma von Hermann Meyer und der ebenfalls mehr als 100 Jahre alten Firma Beck. Erst im vorigen März feierte man mit großem Aufwand ein Jubiläum: den 50. Jahrestag der Eröffnung des ersten Berliner Selbstbedienungs-Supermarkts. „Jeder Einkauf ein Vergnügen; zwanglos wählen; kein Warten.“ So warb damals die Firma für ihr Konzept – und nannte die Eröffnung an der Steglitzer Schloßstraße sogar „das Ereignis von Berlin“.

Der Konkurrent von Meyer & Beck, die Berliner Reichelt AG, setzt derzeit auf Expansion statt auf Schließung. Zusätzlich zu den 85 bestehenden Filialen in Berlin und Brandenburg sollen mittelfristig fünf neue Supermärkte pro Jahr eröffnet werden.

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