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Berlin: Sybille von Obernitz, parteilos

Die CDU geht auf Abstand zu ihrer Wirtschaftssenatorin. Noch ist die Kritik verhalten, aber deutlich.

Sie fremdelt noch immer. Sybille von Obernitz, von der CDU aufgestellte Wirtschaftssenatorin fremdelt mit der Partei, mit der Fraktion, mit dem politischen Betrieb. Ihr Streit mit dem Vorstand und dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Messe zeigt nach Ansicht von inzwischen vielen CDU-Politikern: Obernitz versteht ihr Amt nicht richtig, sie verwechselt politische Führung mit Kommando. So verliert sie den Rückhalt in der CDU. Eine gefährliche Lage für eine Quereinsteigerin ohne Parteizugehörigkeit, die auf alte Freundschaften und Geleitschutz in schwierigen Situationen nicht setzen kann. So wabern mal wieder die Gerüchte und Dementis durch Polit-Berlin. Generalsekretär Kai Wegner betätigt sich im Namen der CDU und ihres Landeschefs Frank Henkel als oberster Dementierer und behauptet, die Frage nach einem Rücktritt von Obernitz stelle sich nicht – und deshalb auch nicht die nach einem Nachfolger. Weil aber ein Name schon seit der Senatsbildung immer wieder genannt wird, dementiert auch Justiz- und Verbraucherschutzsenator Thomas Heilmann. „Ich bin und bleibe Senator für Justiz und Verbraucherschutz. Und das sehr gerne“, sagt Heilmann.

Cornelia Seibeld schließlich, Abgeordnete und Anwältin, Rechtspolitikerin und in der Gründungsphase des Senats als Justizsenatorin im Gespräch, dementiert ebenfalls. Vor einem Dreivierteljahr hatte sie mit Hinweis auf ihren noch sehr kleinen Sohn gesagt, sie wolle nicht Senatorin werden. Daran, sagt sie jetzt, habe sich nichts geändert.

Was nicht bedeutet, dass Landeschef Henkel der Wirtschaftssenatorin weiter zusieht, während sich die Beschwerden häufen. In der CDU-Fraktion, wichtigster politischer Ansprechpartner der Senatorin, bedauert man den „handfesten Konflikt“ zwischen Obernitz und der Messe – wieder ein Beispiel für ihre Neigung zu einem konfrontativen Vorgehen.

In den Augen politischer Beobachter und potenzieller Verbündeter der Senatorin stehen viele Fragezeichen. Was mag sie in der Auseinandersetzung über die Suche nach einem neuen Messevorstand in die Konfrontation getrieben haben? Eine falsche Vorstellung von ihrer Aufgabe als Aufsichtsrätin? Rivalität mit den mächtigen Männern der Wirtschaft?

„Da prallen Welten aufeinander“, sagt einer, der ihr wohlgesonnen ist. Und hofft, dass die Senatorin den Konflikt bald entschärft. Auch mit Peter Zühlsdorff war sie in den Clinch gegangen, so dass der Unternehmer vor einem halben Jahr entnervt sein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender der Wirtschaftsfördergesellschaft Berlin Partner hinwarf. Selbst diejenigen, die sie einst wärmstens als Senatorin empfohlen haben, zeigen sich heute kühl. IHK-Präsident Eric Schweitzer lobte am Donnerstagabend zwar Obernitz’ Entschlossenheit bei der gerade angekündigten Zusammenlegung der Berlin Partner mit der Technologiestiftung (TSB). Doch alles in allem befinde sich die Senatorin in einer schwierigen Situation. Im Streit um die künftige Führung der landeseigenen Messe Berlin ist jetzt das Verhältnis von Obernitz zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Messegesellschaft, Hans-Joachim Kamp, nachhaltig gestört. Bei der Messe ist von einer „Schlammschlacht“ die Rede. Die Senatorin räumte am Freitag lediglich einen Formfehler ein und teilte mit, sie werde notfalls die Kosten für eine Stellenanzeige in Sachen Messeleitung persönlich übernehmen, die sie in einer überregionalen Zeitung hatte schalten lassen. Das sind angeblich 15 000 Euro.

Ihr sei an einer „konstruktiven Lösung“ gelegen, erklärte sie. Als stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende habe sie den Vertrag mit der Personalberatung Egon Zehnder unterschrieben, obwohl dies formal Kamp habe tun müssen. „Bis zu diesem Formfehler habe ich mir nichts vorzuwerfen“, sagte sie dem Tagesspiegel. „Ich will nicht mit Aufsichtsräten in Konfrontation gehen. Es war ganz klar nötig, dass wir noch einmal dafür sorgen, dass Frauen einen gleichberechtigten Zugang zum Auswahlverfahren haben.“ Dabei beruft sie sich auf das Landesgleichstellungsgesetz.

Hintergrund ist, dass Messechef Raimund Hosch Mitte kommenden Jahres in Rente geht. Neben Hosch führt seit 2000 Christian Göke, Jahrgang 1965, die Gesellschaft. Er kümmert sich um das operative Geschäft, im Kern also um die einzelnen Messen. Auch Gökes Vertrag läuft Ende des kommenden Jahres aus, eigentlich wäre er eine naheliegende Besetzung des Chefpostens. Und auch die günstigste. Hosch verdient rund 500 000 Euro im Jahr, Göke kam zuletzt auf knapp 400 000. Die Senatorin verschließt sich einer solchen Lösung nicht grundsätzlich. „Herr Göke hat alle Chancen, erster Geschäftsführer der Messegesellschaft zu werden. Er kann wie alle anderen seinen Hut in den Ring werfen“, sagte sie dem Tagesspiegel.

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