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Ohne Hemmungen. Autorin Charlotte Roche (l) und Hauptdarstellerin Carla Juri bei der "Feuchtgebiete"-Premiere.

© picture alliance/ dpa

Tabubruch am Potsdamer Platz: Wie "Feuchtgebiete" das Leben von Roche und Juri verändert

Das kontroverse Buch von Charlotte Roche wurde nun verfilmt und feierte Dienstagabend seine Premiere in Berlin. Trotz des Tumults könnte sich Hauptdarstellerin Carla Juri vorstellen, mit Helen Memel befreundet zu sein.

Als zwei Touristen am Dienstagmorgen über den Potsdamer Platz schlendern, bleiben sie unter dem Sony-Zeltdach abrupt stehen. Sie schauen zu dem abgesperrten, pinken Teppich und den großen Traversen, den Leuchtstrahlern und Plakatwänden. Irgendetwas Großes, Glamouröses muss hier vorbereitet werden. Vielleicht eine Filmpremiere mit vielen Stars. Nun ja, Filmpremiere ja, Stars zumindest zum Teil. Und solche, die es noch werden könnten. Gestern Abend fand hier die deutsche Filmpremiere von „Feuchtgebiete“ statt, der Kinofassung jenes kontroversen Romans aus dem Jahr 2008, in dem es um Hämorrhoiden und Analfissuren geht. Aber auch um jugendliche Rebellion und die Sehnsucht nach einer intakten Familie. Passend zum Titel wurde in die Premierenkulisse das Wasserbecken vor dem Kino integriert.

Helen Memel ist nicht andersartig, sondern komplex

Zumindest der Autorin, Charlotte Roche, hat dieses provokante Buch zu einigem Ruhm verholfen. Der Hauptdarstellerin Carla Juri könnte die Verfilmung dabei helfen. Juri spielt die Protagonistin Helen Memel, die gerne mit ihren Körperflüssigkeiten experimentiert, Hygiene nicht so wichtig nimmt und nach einer missglückten Intimrasur im Krankenhaus landet. Das alles macht die Figur für Carla Juri aber nicht andersartig, sondern komplex. „Im Vordergrund steht für mich ihre existenzielle Angst, allein zurückgelassen zu werden. Und ich glaube, dass Einsamkeit für jeden von uns ein Thema ist“, sagte sie am Dienstag vor der Premiere.

Bei vier Grad in kurzen Hosen

Zu Hause ist Carla Juri längst keine Unbekannte mehr. Dort wurde sie 2011 und 2012 mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnet. Auf der diesjährigen Berlinale bekam sie den „European Shooting Star Award“. Und nach der Uraufführung von „Feuchtgebiete“ in Locarno haben sie seit Sonntagabend auch die deutschen Medien entdeckt. Und nun die Deutschland-Premiere in Berlin. Dort war sie gestern allerdings nicht zum ersten Mal. Die Dreharbeiten zum Film fanden im vergangenen Herbst nämlich in der Hauptstadt und auf Mallorca statt.

„In Berlin haben wir gefühlt überall gedreht. Die Pool-Szene mit Corinna ist zum Beispiel hier entstanden“, erzählte sie zuvor. Dabei stand sie auch vor ihrer persönlich größten Herausforderung während des Drehs: Im November bei vier Grad eine kurze Hose zu tragen. Ansonsten hat die Schauspielerin sehr positive Erinnerungen an ihre Zeit in Berlin. „Um meine Rolle zu verstehen, habe ich in der Stadt viel herum experimentiert und beobachtet, wie die Menschen darauf reagieren“, sagte sie. „Dabei ist mir aufgefallen, dass man in der Stadt überhaupt nicht schnell doof angeguckt und beurteilt wird. Ob Helen hier auffallen würde, kann ich deswegen gar nicht sagen.“ Könnte sie denn mit der schmuddeligen Rebellin befreundet sein? „Ja!“

Charlotte Roche - "Feuchtgebiete" hat mein Leben verändert

Auch Charlotte Roche gab vor der Premiere Interviews. Als sie die Verfilmung zum ersten Mal sah, habe sie große Angst gehabt. Es gebe aber keine Szene, die ihr nicht gefallen habe. Zu ihrem Werk sagte sie: „Das Buch hat mein Leben komplett verändert. Es gibt eine Zeit davor und danach. Das einzig Schwierige daran ist, dass ich weiß, mit 30 Jahren meinen größten Erfolg gehabt zu haben.“ Für Carla Juri geht der Medienrummel nun erst richtig los. Richtig darauf vorbereiten konnte sie sich nicht. „Das ist wie beim ersten Kuss. Das geht nicht."

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