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Inspektion. Besucher konnten die Fahrzeuge auch von unten betrachten – und die anfälligen Räder und Achsen aus der Nähe betrachten. Mehr als 20 000 Menschen kamen zum Besuchertag. Foto: ddp

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Tag der offenen Tür: Leichtes Spiel für die S-Bahn-Chefs

Seit einem Jahr S-Bahn-Chaos, doch beim Tag der offenen Tür gab es kaum kritische Reaktionen. Die Besucher freuten sich über den Graffitischutz oder fragten: "Gibt es wieder einen Weihnachtszug?"

Der siebenjährige Toni wehrt sich. Er will bei den S-Bahnen bleiben, die in der Halle so richtig schön aus der Nähe zu sehen sind. Seinen Papa dagegen drängt es nach draußen, dorthin, wo beim Besuchertag in der Werkstatt Grünau am Sonntag S-Bahn-Chef Peter Buchner zusammen mit seinem für die Technik zuständigen Kollegen Jürgen Konz auf der Bühne steht, um auch Fragen der Besucher zu beantworten.

Der Beifall zur Begrüßung ist mäßig, was auch daran liegt, dass viele der Gäste an den Tischen eine Wurst oder einen Becher Bier in der Hand halten. Und die einzigen Pfiffe kommen aus der Pfeife eines Kindes. Beide Geschäftsführer beantworten erst die auf sie zugeschnittenen Fragen der Moderatoren. „Es klemmt noch an vielen Stellen im Betrieb“, gibt Buchner zu. Es abzustreiten, ginge auch nicht.

Dann aber die erste Frage aus dem Publikum. Es geht nicht um die Sicherheit der Räder oder Achsen, nicht um unterlassene Wartungsarbeiten in den Werkstätten, nicht um weiter ausfallende Fahrten und auch nicht um unzureichende Informationen auf den Bahnhöfen. Nein, ein 82-Jähriger will wissen, wann denn der Weihnachtszug der S-Bahn wieder fahren werde. Und der nächste Frager vermisst die Jazz-Konzerte in der Hauptwerkstatt Schöneweide, die es dort einst gab. Leichtes Spiel für die beiden Geschäftsführer. Die historischen Fahrzeuge, aus denen auch der Weihnachtszug gebildet wird, kommen wie die Panorama-S-Bahn erst wieder in den Einsatz, wenn die Probleme mit den für den Betrieb erforderlichen Fahrzeugen gelöst sind. Auch dieses Jahr werde es den Weihnachtszug nicht geben, kündigte Buchner an. Und auch keine Konzerte.

Erst ganz zum Schluss stellt ein Besucher dann die Frage nach den Verantwortlichen für das Desaster bei dem Unternehmen. Die damalige Geschäftsführung, die die Räder nicht vorschriftsmäßig kontrollieren ließ und auch bei der Wartung der Bremsanlagen schlampte, ist abgelöst. Ja, es habe schwere organisatorische Mängel gegeben, antwortet Buchner. Ein zweites Mal werde man aber nicht in diese Falle tappen, verspricht er. Und die Industrie habe schlechte Räder geliefert.

Toni und sein Vater hören es nicht. Der Kleine hat gewonnen; die beiden sehen sich weiter die Fahrzeuge an. „Gar nicht so uninteressant“, urteilt nun auch der Erwachsene. Am besten gefällt ihm, dass die S-Bahn einen Weg gefunden hat, Schmierereien an und in den Fahrzeugen schnell zu beseitigen. Ein Spezialmittel wird auf dem alten Lack angebracht, von dem Graffiti fast problemlos abgewischt werden können. Erfreulicher Nebeneffekt: Durch das Mittel sehen die Züge wie frisch lackiert aus. Über 160 der insgesamt 650 Doppelwagen, Viertelzug genannt, sind bereits damit ausgestattet.

Warum derzeit lediglich rund 400 über die Gleise rollen, verstanden Toni und sein Vater nach dem Rundgang durch die Werkstatt, bei dem Mitarbeiter zeigten, wie kompliziert es ist, Räder und Achsen per Wirbelstrom und Ultraschall auf Risse zu untersuchen. 3500 Radprüfungen muss die S-Bahn monatlich vornehmen, seit am 1. Mai 2009 bei einem fahrenden Zug ein Rad gebrochen war.

Zum Fahrplanwechsel im Dezember will die S-Bahn so weit sein, dass sie auf allen Linien fahren kann. Und bei einem fahrplanmäßigen Betrieb gebe es auch wieder ein Gratis-Fahrplanheft, sagt Buchner einem danach fragenden Besucher.

Insgesamt waren nach Angaben der S-Bahn weit über 20 000 Gäste gekommen. „Die Berliner lieben ihre S-Bahn eben weiter“, kommentierte ein Mitarbeiter den Andrang. Es scheint so zu sein.

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