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Berlin: Tagesspiegel-Spendenaktion für die Villa Stöckle - die Einrichtung ist die letzte Hoffnung für Psychotherapie-Opfer

C. spricht nicht, jedenfalls im Moment nicht.

C. spricht nicht, jedenfalls im Moment nicht. Sie schreibt, was sie sagen will auf einen Spiral-Block. "Ich verletze mich selbst", steht da. Als C. die Ärmel ihres Pullovers hochzieht, werden die vielen Narben auf ihren Unterarmen sichtbar. "Horror", ist weiter zu lesen. Damit meint sie die psychiatrische Klinik in Norddeutschland, in der sie eine Woche lang "fixiert" wurde - unter Einfluss von Psychopharmaka festgebunden. "Das hat sie innerlich gebrochen", stellt Ursula, die Sozialarbeiterin, fest. C. nickt. Dann erhebt sich die Mutter von vier Kindern vom Sofa und beginnt, auf der Stelle zu laufen.

Jeder, der aus der Psychiatrie flieht, hat seine Geschichte und seine Gründe. C. hat den Weg in die Villa Stöckle, das Weglaufhaus für Psychiatrie-Betroffene in Frohnau, geschafft. Das Weglaufhaus des Vereins zum Schutz vor psychiatrischer Gewalt bezieht normalerweise für jeden der maximal 13 Bewohner 205 Mark am Tag aus öffentlichen Kassen - bei 15 Psychologen, Sozialarbeitern, Praktikanten und Schwestern, die dort arbeiten, ist das bei weitem nicht genug. Deshalb hoffen die Mitarbeiter auf Spenden der Tagesspiegel-Leser.

Die Mitarbeiter führen den Kampf mit den Behörden mit Hilfe eines Uralt-Computers. Den Zustand des "Tobe-Raums" im Keller des Hauses möchte Ursula gar nicht näher beschreiben. Alle Matratzen sind durchgelegen, ein Telefon hat seinen Geist aufgegeben und für eine Stereoanlage gibt es kein Geld. "Man braucht ein Rudergerät gegen die Aggressionen", sagt eine Frau mit geschientem Bein. "Irgendwas, woran man die Wut auslassen kann."

Aus dem Nebenzimmer dringt ein furchtbares Geschrei, Schimpfen und lautes Fluchen. "Nachts darf das nicht passieren", sagt Ursula in ihre Tasse Kaffee und verzieht keine Miene. "Dann beschweren die Nachbarn sich wieder." Manchmal muss die Sozialarbeiterin anonyme Anrufe entgegennehmen. Ein Weglaufhaus in einer Gegend mit ordentlich gepflegten Vorgärten und "Zone 30"-Straßen. Wut und Aggression gehören zum Alltag, wenn die Bewohner der Villa Stöckl unter psychologischer Aufsicht und Anleitung schwere Medikamente wie Psychopharmaka und Antidepressiva absetzen, um so selbstverantwortlich wie möglich mit ihrer Krise umzugehen. Oft ist das Weglaufhaus die Vorbereitung auf eine andere sozial betreute Wohnform oder die eigene Wohnung, zumindest sollen diese Perspektiven eröffnet werden.

Dafür braucht das Haus, das von den Einnahmen gerade so die laufenden Kosten decken kann, dringend Geld- und Sachspenden - einen leistungsfähigen Computer, Trimmgeräte, eine Schlafcouch, Spiele, Bastelzeug, Kleidung. "Die Leute haben praktisch nichts, wenn sie aus der Psychiatrie kommen", erklärt Ursula. C. hat sich wieder auf das alte Sofa im Wohnzimmer fallen lassen. Ihre Krise war vor ein paar Wochen noch stärker, sagt die Sozialarbeiterin. "Nur, ihre Familie will sie wieder in die Klapse stecken."Unsere Spender werden in der Zeitung namentlich genannt - es sei denn, Sie wünschen das nicht und vermerken es auf der Einzahlungsquittung. Wir stellen auf Wunsch auch Spendenbescheinigungen aus: Spendenaktion Der Tagesspiegel e.V., Kennwort Obdachlosenhilfe, Kontonummer 88 88 bei der Berliner Sparkasse, Bankleitzahl 100 500 00.

oom

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