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Spaß im Spielzimmer. Die dreijährige Dara und ihre ältere Schwester Ida mit Geschäftsführerin Sandra Bandholz. Foto: Agnieszka Budek

© Agnieszka Budek

Tagesspiegel-Spendenaktion "Menschen helfen": Ruhepause für die Seele

Die Kindernachsorgeklinik in Wandlitz kümmert sich um schwerkranke Patienten und Angehörige – und bittet um Spenden für ein Langzeit-EKG.

Für unsere Jubiläums-Spendenaktion zu 25 Jahre „Menschen helfen!“ haben wir in der Runde 2017/18 insgesamt 58 soziale Projekte vor allem in Berlin und Brandenburg ausgewählt. Aber auch im Ausland helfen wir wieder, mit unserem traditionellen Partner Deutsche Welthungerhilfe. In unserer Spendenserie stellen wir ausgewählte Initiativen stellvertretend für alle anderen vor, für die wir die Leserinnen und Leser um Spenden bitten. Heute: die Kindernachsorgeklinik Berlin-Brandenburg in Wandlitz, die sich um schwerkranke Kinder und deren Angehörige kümmert.

Die Mauern der Ritterburg sind verdammt hoch, und Schießscharten für die Verteidigung sind ja auch noch da. Ganz schön schwierig, die Festung zu erobern. Die Feldherrin steht draußen, außerhalb der Mauern, sie überlegt lange. Vor der Burg hat sie Ritter platziert, bereit zum Einsatz. Plötzlich startet sie ein fast schon tollkühnes Unternehmen. Sie lässt ihre Ritter einfach die Mauern hochlaufen. Wie Fliegen an der Wand, so jagen die Krieger nach oben, geführt von ihrer Feldherrin, und zack, stehen sie im Burghof. Und Dana, die Feldherrin, drei Jahre alt, die Füße in pinken Socken, der Oberkörper von einem roten Pullover umhüllt, betrachtet zufrieden die Schlachtordnung.

Nikoläuse stehen auf einem Podest im Spielzimmer der Kindernachsorgeklinik Berlin-Brandenburg in Bernau. Es gibt Weihnachtssterne und ein Piratenschiff, dazwischen Dana, die herzkranke Dreijährige, und ihre Schwester Ida, sechs Jahre alt. Eine ungezwungene Atmosphäre. Dana belastet es in solchen Momenten nicht, dass sie in einer Reha-Klinik ist, die auch ihre Schwester und ihre Eltern betreut und dringend um Spenden bittet.

Marco Jäger steht neben Dana und Ida, er ist der Teamleiter Betreuung, er blickt erst zu den übrigen fünf Kindern, die hier auch selbstvergessen spielen, dann deutet er mit dem Kopf zur Wand. „Im nächsten Zimmer macht ein Physiotherapeut mit Eltern gerade Tai Chi", sagt er. Gut möglich, dass auch die Eltern von Ida und Dana dabei sind.

Eltern werden auch entlastet

Das ist das Konzept dieser Klinik in Wandlitz, die in jenem Waldgelände liegt, in dem früher das DDR-Politbüro Wohnhäuser hatte. 25 herz- und krebskranke Kinder werden hier nach ihrer OP behandelt. Säuglinge, aber auch Zwölfjährige nach ihrer Herztransplantation. „Die Angehörigen der Patienten sollen hier emotional entlastet werden“, sagt Sandra Bandholz in ihrem Büro. Sie ist die Geschäftsführerin der Klink, einer gemeinnützigen GmbH, zu deren Gesellschafter auch das Deutsche Herzzentrum gehört.

Die Angehörigen leben in 25 Appartements auf dem Gelände, Väter, Mütter, Geschwister, Ehepaare, Alleinerziehende. Teilweise haben sie dafür Urlaub genommen. Sie sollen und wollen nahe bei ihren kranken Kindern sein, sie sollen zugleich ihren Alltag so entspannt wie möglich gestalten können. Das ist die Idee. In der Regel sind Patienten und Angehörige vier Wochen in Wandlitz.

Entspannung, dazu gehört Tai Chi, aber auch ein Besuch von Spielen des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC oder Ausflüge in den Zoo Eberswalde. Auch die Basketballer von Bernau kooperieren mit der Klinik. „Die Eltern sollen sich auf dem Campus treffen", sagt Sandra Bandholz, deshalb sind auf den Zimmern weder Fernseher noch WLAN.

Ines Konzag hat Stofftiere in ihrem Büro. Sie stehen in der Nähe der spanischen Wand und dem Schreibtisch mit dem Computer. Sie will ja auch eine angenehme, möglichst kindgerechte Atmosphäre haben. Ines Konzag ist Chefärztin der Kinderkardiologie in Wandlitz, sie erzählt von einem Vater und einer Mutter, die diese Freizeit-Angebote sehr intensiv genützt haben. Sie mussten diese Angebote nutzen, zum Selbstschutz, damit sie emotional nicht zusammen brechen. In einem der Krankenbetten lag ihr zehn Monate altes Kind, schwerst herzkrank, austherapiert ohne Heilungschancen, das größtmöglich vorstellbare Schreckensszenario. Wenige Tage nach dem Klinikaufenthalt starb das Kind. „Für viele Eltern, die hier ihre Kinder haben“, sagt die Chefärztin, „ist so eine Situation ein maximaler psycho-emotionaler Stress. Die funktionieren nur noch.“

Ein Spender bezahlt eine neue Klinik

Auch in Zukunft soll Familien mit einem solch schweren Schicksal geholfen werden, auch dann, wenn die Kindernachsorgeklinik Berlin-Brandenburg bald umzieht, wie deren Sprecherin Julia Knerr berichtet. Eigens für den Neubau der Nachsorgeklinik, dann in Strausberg, habe der Geschäftsmann Peter Fritz die Stiftung „Peter und Ingeborg Fritz - Stiftung für chronisch kranke Menschen“ gegründet. Alle freuen sich sehr darüber, dass die Finanzierung des Neubaus aus dem Eigenkapital des Stifter-Ehepaares gesichert ist. Die Kosten für die Bauhülle werden mit etwa 20 Millionen Euro beziffert. Die Fritz-Stiftung habe das Gelände am Straussee erworben und arbeitet gemeinsam mit dem Architektenbüro Ganter in Bernau an der Fertigstellung des Bauantrags. im Frühjahr 2018 soll der erste Spatenstich erfolgen. Die Ausstattung und die medizinischen Geräte müssen von der Kindernachsorgeklinik gGmbH selbst beschafft werden, laut Knerr würden noch insgesamt vier bis fünf Millionen Euro dafür benötigt werden. Umso mehr hoffen alle nun auf Unterstützung weiterer engagierter Menschen.

Ines Konzag erzählt, welchen Wunsch sich die Klink jetzt dank der Tagesspiegel-Aktion „Menschen helfen!“ erfüllen möchte. „Wir benötigen dringend ein neues Langzeit-EKG, mit den Spendengeldern würden wir es gerne bezahlen“ Ein solches Gerät misst die Herzaktivität der Patienten über die Dauer von 24 Stunden. So sind Rhythmusstörungen schneller zu erkennen. Die Geräte der Klinik sind technisch überholt und reparaturanfällig.

Ein neues Langzeit-EKG ist überfällig

Ein neues Langzeit-EKG, teilt Klinik-Geschäftsführerin Sandra Bandholz mit, „..wird von den Kostenträgern nicht als Leistung für Patienten abgerechnet“. Kostenträger der Klinik sind Krankenkassen und Rentenversicherung. Sie übernehmen den gesetzlich vorgeschrieben Satz. Patienten und Angehörige müssen nichts bezahlen.

Aber die Klinik, sagt Sandra Bandholz, biete Angebote die über das normale Maß hinausgingen. Und diese Angebote könnten nur mit Spenden finanziert werden. Eine Logopädin gehört auch zu diesen Angeboten. „Sie macht eine Sondenentwöhnung“, sagt die Chefärztin Konzag.

Sondenentwöhnung, eine Spezialbehandlung. Kinder, die mit einer Sonde ernährt wurden, müssen erstmal lernen zu schlucken. „Die Sonde wird in Anwesenheit der Eltern von der Logopädin entfernt“, sagt Konzag, „sie zeigt den Eltern auch, wie sie ihr Kind ernähren müssen.“

Aber auch für die Geschwister der Patienten ist die Situation belastend. Deshalb gibt es auch einen Entspannungsraum. Hier liegen weiche Matratzen und viele Kissen, hier läuft leise Musik, hier wirkt schon die Atmosphäre entschleunigend. „Die Kindern können hier mit ihren Geschwistern kuscheln, sie können emotionale und körperliche Nähe herstellen“, sagt Sandra Bandholz.

Im Spielezimmer hängt an der Wand auch ein Foto. Eine Familie lacht in die Kamera, sie hat einen Text zu dem Foto geschrieben. „Danke für eine tolle, unvergessene Zeit sagen Karin, Collin, Freya, Denny und Monique.“ Auch Dara, die Dreijährige, wirkt glücklich. Sie steht kurz vor ihrer Entlassung aus der Klinik. „Sie kann jetzt schon“, sagt Marco Jäger, der Erzieher, „körperlich wieder alles mitmachen.“

Das Spendenkonto der neuen Aktion 2017/18, die am 1. Advent gestartet ist: Empfänger: Spendenaktion Der Tagesspiegel e.V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Berliner Sparkasse, BIC: BELADEBE, IBAN: DE43 1005 0000 0250 0309 42. Bitte Namen und Anschrift für den Spendenbeleg notieren. Auch Online-Banking ist möglich.

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