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Helle Freude. Angehörige des ökumenischen Ordens Taizé feiern in Berlin ihren Glauben – und diskutieren über Politik. Foto: dpa

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Taizé-Festival: Gelobtes Berlin

Die Stadt fasziniert Jugendliche des Taizé-Festivals auch wegen der Geschichte Am Nachmittag diskutierten 500 von ihnen mit Politikern im Bundestag.

Taizélern ist nie langweilig. Gibt ja immer etwas zu singen. „Laudate omnes gentes“ stimmen sie im Bundestag an, „Lobt Gott Ihr Völker alle“ hallt es unter der Reichstagskuppel. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) setzt sich zu den Jugendlichen auf den Boden und singt mit. Petra Pau (Linke), ebenfalls Bundestagsvizepräsidentin, steht im Hintergrund und hält die Lippen still. Es ist Donnerstagnachmittag, das Taizé-Treffen ist nach morgendlichen Kennenlernrunden in Pfarrgemeinden und Mittagsgebet in den Messehallen bei der Gruppenarbeit angekommen. 500 junge Frauen und Männer sind zur Diskussion mit Politikern in den Bundestag gepilgert.

Ob es gerecht sei, dass vor allem Deutschland und Frankreich die Entscheidungen in der gegenwärtigen europäischen Krise treffen, will ein junger Mann wissen. „Ich finde das nicht richtig“, sagt Kerstin Griese ( SPD). „Das europäische Parlament sollte mehr Entscheidungen treffen. Denn das Parlament ist direkt von den Europäern gewählt.“ Ein Student aus Spanien fragt, ob der Westen das Recht habe, die Menschenrechte für nicht-westliche Staaten zu proklamieren. Einen jungen Serben treibt die Frage um, warum Deutschland die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt habe, wo doch die serbische Minderheit dort unterdrückt werde. Es gebe keine spezifisch westlichen Menschenrechte, sagt Petra Pau, die UN-Konventionen hätten universelle Gültigkeit. „ In der Demokratie entscheidet die Mehrheit. Was ist mit der Minderheit?“, will Wladimir aus Litauen wissen. Das sei das Wunderbare an der Demokratie, erklärt Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD), dass sie der Opposition klar definierte Rechte gebe und der Regierung nur Macht auf Zeit.

Dass Taizé mehr ist als beten und singen, wurde auch am Vormittag deutlich, als sich die 28.000 Jugendlichen auf 160 Kirchengemeinden verteilten und darüber sprachen, warum sie nach Berlin gekommen sind. Sie würde gerne Ostdeutsche treffen, hatte eine junge Freiburgerin gesagt. Ostdeutsche sind dort wo sie herkommt Exoten; das Zusammenwachsen von Ost und West ist weit weg.

Die Geschichte, die hier durch die Straßen weht, ist es auch, was Maciej Hanczewski, 20, aus Warschau an Berlin fasziniert. Hier könne er richtig spüren, warum Europa geteilt war. Dann ging es noch um unsichtbare Mauern im Alltag, um Vertrauen, um Verantwortung. „Das Taizé-Treffen ist ein Energieschub für die Seele“, sagt Katrin Göring-Eckardt später im Bundestag. Sie hoffe auf einen Energieschub auch für die Demokratie.

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