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Nachgefragt. Während der „Log In“-Sendung erkundigte sich ZDF-Moderatorin Dunja Hayali (r.) bei Milena Bonse nach Stimmen aus dem Netz. Die Zuschauer konnten sich über die Homepage des Tagesspiegel, über Facebook oder Twitter einbringen.

© ZDF

Talkshow Log In: So schlugen sich die fünf Spitzenkandidaten

Bei der interaktiven Talkshow von Tagesspiegel und ZDFinfo stellten sich die fünf Spitzenkandidaten den Fragen der Leser. Im Dialog mit den Bürgern haben sich die Spitzenkandidaten höchst unterschiedlich geschlagen.

So viel Berliner Landespolitik hat es im ZDF vermutlich noch nie gegeben. Vier Stunden lang stellten sich die Spitzenkandidaten der im Senat vertretenen Parteien den Fragen der Tagesspiegel-Leser und ZDF-Zuschauer – und das Ganze live auf ZDFinfo und auf Tagesspiegel.de. Dutzende Leser haben im Vorfeld Fragen eingereicht, während der interaktiven Sendung „Log In“ im Netz live kommentiert und nachgefragt oder waren sogar im Studio dabei. Im Dialog mit den Bürgern haben sich die Spitzenkandidaten höchst unterschiedlich geschlagen.

Klaus Wowereit

Irgendetwas muss auf dem Weg ins ZDF-Studio passiert sein. Vielleicht war die S-Bahn zu spät oder es gab einen Stau. Auf jeden Fall geriet Klaus Wowereit schon in Rage, als die erste Frage noch gar nicht gestellt war. Über einen Einspielfilm hat sich der Sozialdemokrat geärgert, weil der nicht die positiven Entwicklungen in Berlin betonte, wohl aber die Problempunkte benannte: brennende Autos, Dauerpleite und „besoffene Touristen, die auf Bierbikes gröhlend am Holocaustmahnmal vorbeigekarrt werden“. Das tat weh und Wowereit war in Fahrt: „Das ist ja wohl ’ne schreckliche Stadt, ich weiß nicht, warum Sie noch hier wohnen“, blaffte er Moderatorin Dunja Hayali an. Schließlich würden ja viele Menschen durchaus gerne nach Berlin kommen. In dem Stil setzte sich der Auftritt Wowereits dann fort. So wollte Tagesspiegel-Leser Michael Deike wissen, warum der Regierende die Hilfe der Bundespolizei im Kampf gegen Auto-Brandstifter zunächst abgelehnt habe. Wowereit antwortete nicht, er bestritt nur, die Hilfe abgelehnt zu haben. Dabei lehnte der Senat die Hilfe zunächst ab, mit dem Hinweis auf die mangelnde Ortskenntnis der Bundesbeamten. Dann bekam auch Kay Hrabia sein Fett weg. Der ist Streifenpolizist in Prenzlauer Berg und war als Gast im Studio. Er beklagte sich über die Überlastung der Berliner Polizei – auch wegen des Eventtourismus in der Stadt. Wie Wowereit nun genau für Entlastung sorgen will, weiß Hrabia sicher noch nicht, dafür aber, was genau Eventtourismus ist. Über den Begriff hat sich Wowereit nämlich sehr erzürnt.

Stefan Görög hatte für Wowereits „Log In“-Auftritt auf dem Facebook-Kanal des Tagesspiegel nur einen Kommentar übrig: „bißchen zickig“.

Auf Seite 2: Renate Künast

Renate Künast

Im Vergleich zum aufbrausenden Wowereit gab sich die Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast geradezu handzahm. Erstens weil sie sich am Auftritt ihres Widersachers erfreuen konnte. „Sein Auftritt in dieser Sendung zeigt ja, dass er alles andere als einen entspannten Wahlkampf führt“. Und zweitens weil ihr gleich zu Beginn die virtuelle Krone aufgesetzt wurde. Denn mit 8431 Facebook-Freunden hat sie so viele Unterstützer wie keiner der anderen Spitzenkandidaten. Und sie hat auch in der Sendung klar gemacht, dass für sie nur die Nummer eins in Frage kommt. Denn Tagesspiegel.de-Nutzer „neuinfriedrichshain“ wollte wissen, warum Renate Künast Berlin nur als Regierende Bürgermeisterin dienen wolle, nicht aber als Oppositionsführerin. „In der Opposition werden die Spitzenkandidaten für die nächste Wahl aufgebaut“, sagt sie – und sie kandidiere ja jetzt. Sie schloss noch einmal aus, auch als Oppositionsführerin ins Abgeordnetenhaus einzuziehen. Außerdem sagte sie: „Ich diene Berlin immer“.

„Dros“, Nutzer von Tagesspiegel.de, wollte wissen, ob Renate Künast nun für oder gegen Flugrouten über dem Stadtgebiet sei. Und „dros“ durfte sich auf die Antwort freuen, denn Künast selbst sagte: „Das ist einfach zu beantworten.“ Dann aber holte sie aus. Am Ende stand der Satz: „Es muss die Kurve geflogen werden, die die Bürger am wenigsten belästigt und die Stadt am meisten umfliegt.“

Auf Seite 3: Frank Henkel

Frank Henkel

Beim CDU-Spitzenkandidat ging es auch feurig los, allerdings weniger emotional, wie bei Wowereit, sondern eher optisch. Denn Frank Henkel musste als erstes sein Wahlplakat verteidigen, das ein verbranntes Auto zeigt. Und Henkel tat das auch. Vom „Feuer-Terror“ sprach er und vom „hilflosen“ Senat, der seit Jahren nichts dagegen unternehmen würde.

Tagesspiegel-Leser Manfred Lehmann wollte von Frank Henkel aber etwas ganz anderes wissen. „Wie wollen Sie die Kosten für die von Ihnen versprochenen zusätzlichen Polizisten und Lehrer finanzieren? Können Sie ausschließen, dass es dafür Kürzungen im Sozial- und Jugendetat gibt?“ Erst hat sich Henkel etwas gewunden. Von „mehr Wirtschaftskraft“ gesprochen und dem „Stärken der Einnahmenseite“. Dann aber hat er sich doch zu einer konkreten Antwort durchringen können und gesagt, dass auch im Sozialetat „Musik drin ist, um sich politische Spielräume zu erarbeiten“. Soll übersetzt heißen: Kürzungen sind nicht ausgeschlossen. Das Konkrete in Henkels Äußerungen hat dagegen Lydia Horn vermisst. Die Berliner Unternehmerin war zu Gast im Studio und wollte wissen, wie genau Henkels Vision von Berlin sei und wie er diese umsetzen wolle. Doch da kamen von Henkel auch nur die berühmten drei Worte „Berlin braucht Wirtschaftskraft“.

Auf Seite 4: Harald Wolf

Harald Wolf

Harald Wolf ist nicht nur Spitzenkandidat der Linken, sondern in erster Linie Wirtschaftssenator. Und in dieser Funktion wurde er sofort befragt – von Tagesspiegel-Leser Joachim Pickan. Der hatte wie viele andere Leser im Vorfeld der Sendung Fragen eingereicht und wollte von Harald Wolf wissen: „Warum machen immer noch so viele Investoren einen Bogen um Berlin?“ Wolf antwortete: „Investoren machen keinen Bogen um Berlin. Im Gegenteil. Berlin ist attraktiv.“ Doch der Linken-Spitzenkandidat musste sich auch auf anderen Gebieten behaupten, bei der Sicherheit und natürlich den Mieten. Solide war er dabei, das war das Urteil der Studiogäste. Die so genannte Netzjury aber befand: Überzeugt habe er nicht.

Auf Seite 5: Christoph Meyer

Christoph Meyer

Die Maßstäbe für die Liberalen sind einfach andere derzeit. Da geht es nicht mehr um Koalitionsmöglichkeiten, um die Frage, wie viel man im Vergleich zur vergangenen Wahl noch zulegen werde. Sondern es geht um denen einen Prozentpunkt, der Umfragen zufolge zurzeit noch fehlt, um überhaupt wieder ins Abgeordnetenhaus einzuziehen. „Den holen wir“, sagte Christoph Meyer. Und auch ansonsten musste er gegen seinen Ruf und den seiner Partei ankämpfen. Dabei konnte er auch etwas klarstellen, zumindest aus seiner Sicht: „Yuppie, Young, Urban und Professional sind für mich keine Schimpfwörter.“ Genau so wurde Meyer immer wieder beschrieben – auch von einem politischen Seelenverwandten: Frank Henkel. Allerdings durfte Meyer auch noch thematisch werden. So hat er sich für eine geringere Staatsquote ausgesprochen, die in Berlin mit 60 Prozent so hoch sei, dass man schon von „sozialistisch“ sprechen könne. Und für einen Warnschuss-Arrest ist Meyer auch, um jugendliche Straftäter wieder auf den Pfad der Tugend zu bringen. Am Ende aber wurde es nochmal schmutzig für ihn. Denn auch zum Thema Hundekot musste sich Meyer äußern. Da aber hat er sich sauber aus der Affäre gezogen – das Ordnungsamt soll die Sache regeln.

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