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Berlin: Tanzpartner gefunden

Ein Kulturfestival soll Wedding und Moabit einander näherbringen und das Image der Ortsteile verbessern.

In der Dusche hängt Kunst an der Wand. Man steht auf grauen Kacheln, hinter den Leinwänden klettern weiße Fliesen bis zur Decke, das Licht kommt grell aus Neonröhren. Und mittendrin: Männlein auf Skateboards, Graffiti auf Holz, weitere Werke von Urban und Street Art. „From city walls to gallery walls“ heißt die Ausstellung im Stattbad Wedding, Gerichtstraße. Von außen ein unansehnlicher Klotz, im Innern des alten Schwimmbads meint man, das Chlor noch riechen zu können. Längst aber ist das hier einer der wichtigsten Kulturstandorte Weddings, Schwerpunkt: Kunst von der Straße.

„Fragen? Wenn nicht, dann schnell weiter, wir haben viel vor.“ Eberhard Elfert ist der Guide für den Vormittag. Er hat Grund zu drängeln. Zwei Stunden Zeit ist nur für die Tour durch einige der Veranstaltungsorte des an diesem Wochenende stattfindenden „Kulturfestival Wedding Moabit“. Von Freitag bis Sonntag finden mehr als 100 Kunst- und Kultur-Events in den beiden Stadtteilen statt. Sie sollen die sich so nahen und doch so fernen Kiezbrüder näher zusammenbringen. „Wir wollen langfristig ein Netzwerk aufbauen, um die kulturellen Aktionen zu bündeln“, sagt Elfert, studierter Kunsthistoriker und seit mehreren Jahren in Wedding aktiv. Er ist mit seinem Kulturnetzwerk Wedding einer von drei Initiatoren des Festivals, das vom Programm „Aktionsraum Plus“ des Senats gefördert wird.

Zum einen soll eine andere Seite gezeigt werden von diesen beiden Berliner Orten, die häufig nur mit sozialen Problemen in Bezug gesetzt werden. Zum anderen sollen die kreativen Akteure, von denen es beiderseits des Hohenzollernkanals schon sehr viele gibt, erleben, was mit gemeinschaftlichem Auftreten möglich ist. Alle Kulturschaffenden konnten mitmachen, im März soll schon die Planung fürs nächste Jahr beginnen.

Die Botschaften sind bewusst simpel gehalten: „Ich bin Wedding“, hängt seit Wochen überall in Moabit aus, umgekehrt heißt es in Wedding: „Ich bin Moabit“.

Vom Stattbad geht es nun auf die andere Straßenseite, Gerichtstraße 23, in den Kulturhof 3. Im ersten Stock des Fabrikbaus ist man plötzlich im Buenos Aires der 30er Jahre. Es ist ganz still. Dieser Raum ist an dieser Stelle schlicht nicht vorstellbar. Auf knarzendem Parkett tritt man verlegen von einem Bein aufs andere, bestaunt die großen Spiegel, die alten Sofas, die Schwarz-Weiß-Bilder in den Goldrahmen und den großen Flügel in der Saalmitte. Hier im Tangoloft führen die Tänzer am Sonnabend und Sonntag ab 19 Uhr eine Performance zur Musik aus einem Schwarz-Weiß-Film auf, der gegenüber der Bühne projiziert wird.

Auch hier und nebenan in der urigen Großküche der „Kochenden Welten“ reicht die Zeit kaum aus zum ausgiebigen Betrachten, denn schon lässt Guide Elfert alle in den Bus verfrachten, und es geht hinüber nach Moabit, Kulturfabrik in der Lehrter Straße. In der alten Fleischfabrik gibt es an diesem Wochenende Konzerte und Filme, die bei gutem Wetter hinterm Haus gezeigt werden, bei schlechtem drinnen im „Filmrauschpalast“. Und schon geht’s weiter, Arminius-Markthalle, Ufa-Studios, Café Moab, Dankeskirche Wedding ... Mehr ist nicht zu schaffen. Damit die Besucher den Überblick behalten, weist ein riesiger bunter Faltplan auf die vielen Orte hin, an denen man nicht nur an diesem Wochenende in Moabit und Wedding Kultur entdecken kann.

Kulturfestival Wedding Moabit, Freitag bis Sonntag. Das Programm gibt es als Faltplan an den zentralen Orten oder im Internet unter: www.kf-wm.de, Eintritt ist frei.

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