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Tarife: Ärzte protestieren in Berlin

Rund 2500 Ärzte aus ganz Deutschland haben heute in Berlin zum Höhepunkt der einwöchigen Warnstreiks gegen schlechte Bezahlung und lange Arbeitszeiten protestiert.

Berlin (05.08.2005, 15:06 Uhr) - Mit der Demonstration in Berlin machten seit Montag fast 10 000 Klinikärzte in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Hessen ihrem Ärger Luft. «Wir arbeiten gern, aber nicht umsonst», sagte der Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Frank Ulrich Montgomery. «Die Verlängerung der Arbeitszeit für die Länder hat das Fass zum Überlaufen gebracht.» Die traurige Realität seien 80 Stunden Arbeit pro Woche.

Mit einem Pfeifkonzert starteten die Ärzte, meist vom Universitätsklinikum Charité, in weißen Kitteln ihre Kundgebung. Auf Transparenten stand «Hungerlohn in Deutschland - Ärzteflucht ins Ausland» oder «Überstunden ohne Ende = zitternde Chirurgenhände». Montgomery sagte, Deutschland habe bei der Arbeitszeit und den Löhnen die «rote Laterne» der westlichen Industriestaaten. Dänemark, Großbritannien, die Niederlande und Schweden zahlten den Ärzten etwa das Doppelte. In Berlin demonstrierten die Ärzte von Universitätskliniken, weil sich der Tarifstreit um Kliniken in der Trägerschaft der Länder dreht. Montgomery kündigte für den Fall des Scheiterns neuer Gespräche weitere Proteste an.

«Wir sind keine Kostentreiber sondern Leistungsträger», sagte der Sprecher der Ärzteinitiative der Berliner Charité, Olaf Guckelberger. Die Berliner Kliniken wehren sich gegen die Sparforderungen des Landes, wonach die Charité 98 Millionen Euro einsparen soll. Darüber hinaus sollen die Charité-Ärzte wegen des Sparzwangs der Klinik auf bis zu zehn Prozent ihrer Gehälter verzichten. Bis zum Jahr 2010 muss die Charité nach den jüngsten Berechnungen des Vorstands rund 246 Millionen Euro einsparen, um wirtschaftlich arbeiten zu können. 2300 Mitarbeiter, darunter etwa 300 Ärzte, sollen das Haus deshalb in den kommenden 5 Jahren verlassen. Zur Zeit gibt es rund 2200 Mediziner.

Die Ärzteinitiative forderte dagegen einen Schlussstrich unter «millionenfache, unbezahlte Überstunden». In den Arbeitsverträgen seien 38,5 oder 40 Stunden festgeschrieben. Die Realität seien 60 Stunden und mehr. Monatlich seien es mehr als 85 000 Überstunden allein in der Charité. Mit einer Schifffahrt auf der Spree durch das Regierungsviertel wollten die Ärzte Politiker «zur Vernunft» rufen.

Nach dem Scheitern der Tarifgespräche im Frühjahr setzten einige Länder die Erhöhung der Arbeitszeit durch, strichen Urlaubsgeld und kürzten Weihnachtsgeld. Die Klinikärzte müssen bis zu 42 Stunden pro Woche arbeiten. (tso)

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