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In den Berliner Vivantes Kliniken wird gestreikt.

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Update

Tarifstreit bei Vivantes und Awo in Berlin: Erst streiken Hausmeister, dann Pflegekräfte

In den Berliner Vivantes-Kliniken wird auch Mittwoch noch gestreikt - und Verdi ruft schon für Donnerstag bei der Awo zu Arbeitsniederlegungen auf. Aus der regierenden SPD kommen widersprüchliche Signale.

Es gibt Streik in den Vivantes-Kliniken – und eigentlich steht nicht nur ein Ausstand, sondern mehrere Arbeitskämpfe an. Zuerst legen an diesem Dienstag zahlreiche Handwerker und Reinigungskräfte die Arbeit nieder. Sie arbeiten für die „Vivantes Service Gesellschaft“, eine Tochterfirma der Klinikkette, und wollen bis Mittwoch streiken. Hintergrund sind umstrittene Ausgliederungen aus der Stammbelegschaft der landeseigenen Klinikkette: Für 250 der 900 der Service-Beschäftigten gilt kein Tarifvertrag.

Die Gewerkschaft Verdi fordert, dass der Vorstand alle 15 000 Vivantes-Beschäftigten nach dem bundesweiten Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVÖD) bezahlt. Vivantes aber soll sparen, so will es der Senat als Eigentümer der Kliniken. Und deshalb wird der TVÖD auch in anderen Vivantes-Töchtern künftig seltener gelten. Langfristig, das hatte der Vivantes-Vorstand 2015 angekündigt, müssten Tausende Service-Mitarbeiter, aber auch Therapeuten mit „marktüblichen Löhnen“ rechnen – also monatlich Hunderte Euro unter TVÖD-Niveau.

Verdi hat auch die Beschäftigten der Arbeiterwohlfahrt (Awo) für diesen Donnerstag zu einem Warnstreik aufgerufen. Seit November 2015 laufen Tarifgespräche für die – zusammen mit Tochtereinrichtungen – 1600 Berliner Awo-Beschäftigten. Verdi möchte den Tarifvertrag der Länder für alle Awo-Mitarbeiter durchsetzen; für einige Beschäftigte wären dies hunderte Euro mehr im Monat.

Bald könnten Schwestern und Pfleger bei Vivantes streiken

Parallel – und das ist eine von Berlin und Vivantes unabhängige, bundespolitische Frage – wird generell um den TVÖD gestritten. In der aktuellen Tarifrunde fordern Verdi, die Erziehungsgewerkschaft GEW und der Beamtenbund für mehr als zwei Millionen Beschäftigte des Bundes und der Kommunen sechs Prozent mehr Lohn.

Dies gilt auch für die nach TVÖD bezahlte Vivantes-Stammbelegschaft. Noch im April könnten die Schwestern und Pfleger der Kliniken nach Tagesspiegel-Informationen streiken. Derzeit handeln Verdi und der Vivantes-Vorstand eine Notdienstvereinbarung aus. Darin wird festgelegt, dass die Rettungsstellen offen bleiben. Vivantes betreibt neun Krankenhäuser, dazu 13 Heime, eine Reha-Station und Versorgungszentren. Im Fall eines Streiks der Pflegekräfte werden hunderte Behandlungen pro Tag ausfallen.

Eigentlich bezahlen Kliniken ihr Personal mit Geldern der Krankenkassen. Diese Mittel reichen selten. Vor allem jedoch investieren die Länder – so auch Berlin – wenig in die Gebäude alter Kliniken, weshalb mit den Kassenhonoraren indirekt Dächer saniert und Technik gekauft wird. Das weiß auch der SPD-CDU-Senat.

Senat wird Mittel für Vivantes wohl nicht erhöhen

Ein SPD-Landesparteitag aber hatte 2015 beschlossen, alle 15 000 Vivantes- Mitarbeiter sollten nach TVÖD bezahlt werden. Dies allein hieße, jeder Betroffene bekäme Hunderte Euro mehr im Monat. Das könnte den Konzern 45 Millionen Euro zusätzlich im Jahr kosten. Im Abgeordnetenhaus sagte Gesundheitsexperte Wolfgang Albers (Linke), selbst einst Vivantes-Arzt: Allein bei Vivantes gebe es mehr als zehn Tochtergesellschaften, die alle „dem Zweck dienen, über die Ausgliederung des Personals bestehende Tarifverträge zu unterlaufen“, um die Kosten zu senken. Der Senat solle seine Kliniken endlich ausreichend finanzieren

Doch weder Kassen noch der Senat werden ihre Mittel für Vivantes ohne weiteres erhöhen. Die Berliner SPD müsste sich nun eigentlich überlegen, wie sie ihre Beschlüsse und die Lage im Gesundheitswesen miteinander vereinen möchte. Am Donnerstag stellt der Vivantes-Vorstand zunächst seine Bilanz für 2015 vor. Die Klinikkette erhielt kürzlich eine Einmalzahlung von der Versorgungskasse des Bundes und der Länder, wo Renten öffentlicher Beschäftigter verwaltet werden. Einige rechnen deshalb ausnahmsweise mit einem Jahresplus von mehr als 20 Millionen Euro.

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