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Behinderte und nicht behinderte Kinder lernen zusammen in der gleichen Klasse - das ist das Ziel der Inklusion.

© dpa

Task Force zur Inklusion: 300 Sonderpädagogen sollen Engpässe verhindern

Der Beirat zur Inklusion einigte sich nach Debatte auf Empfehlungen für die Bildungssenatorin. Viele Eltern befürchten dennoch, dass behinderte Kinder bald weniger gut unterstützt werden.

Mit großer Mehrheit hat der Inklusionsbeirat seine Empfehlungen für die Inklusion der Berliner Schüler mit Behinderungen beschlossen. Dies bestätigte die Bildungsverwaltung am Dienstagabend. Die Empfehlungen betreffen die gesamte Umsetzung der Reform. Am stärksten umstritten war bis zuletzt die personelle Ausstattung. Um Engpässe zu vermeiden, soll es einen zusätzlichen Personalpool mit 300 Sonderpädagogen geben, wie die Beiratsvorsitzende Sybille Volkholz berichtete. Der Pool soll jenen Schulen helfen, die überdurchschnittlich viele Kinder mit Förderbedarf betreuen.

Als Durchschnitt wird angenommen, dass eine Schule 5,5 Prozent Schüler mit Sprach- und Lernbehinderungen oder Verhaltensstörungen hat. Ihr stünden je nach Größe rund zwei Sonderpädagogen zu. Sie können beraten und unterstützen oder schulinterne Fortbildungen organisieren, lauten weitere Empfehlungen.

Weitere Förderstunden kommen hinzu, wenn Schüler mit anderen Behinderungen, etwa Autisten, betreut werden. Denn auch deren Förderschulen sollen bis 2020 möglichst gut durchmischte allgemeinbildende Schulen werden. Die Bildungsverwaltung formulierte dieses Ziel am Dienstag allerdings sehr vorsichtig: Sie sprach nicht mehr von einer Abschaffung der Sonderschulen, sondern lediglich davon, dass man den Anteil der Förderschüler, die am gemeinsamen Unterricht teilnehmen, „erhöhen“ wolle.

Möglicherweise hat die zurückhaltende Formulierung damit zu tun, dass es unter Eltern und Lehrern massive Ängste vor den Folgen der Reform gibt: Einerseits fürchten Eltern von Förderschülern, dass ihr Kind an allgemeinbildenden Schulen gehänselt oder zumindest weniger professionell unterstützt werden könnte. Andererseits hegen Lehrer und Eltern an allgemeinbildenden Schulen Zweifel, ob es gelingen kann, Hochbegabten und Schwerstmehrfachbehinderten gleichermaßen gerecht zu werden.

Besonders groß ist diese Befürchtung in sozialen Randlagen. Hier gibt es mehr verhaltensgestörte, lernbehinderte oder mangels elterlicher Förderung verwahrloste Kinder. Hinzu kommt die steigende Zahl hyperaktiver Schüler, die den Unterricht stören. Die Barmer Ersatzkasse gab am Dienstag bekannt, dass deren Anteil seit 2006 um rund 40 Prozent gestiegen ist. Für Berlin heißt das, dass rund 15 000 der 330 000 Schüler unter dem „Zappelphilipp-Syndrom“ (ADHS) leiden.

Als weiteres Problem kommt hinzu, dass die Lehrer noch nicht für den Umgang mit Förderkindern fortgebildet sind. Dies soll erst in der reformierten Lehrerbildung verankert werden. Wohin die fehlende Vorbereitung führen kann, beschreibt eine Konrektorin aus Marzahn-Hellersdorf: Ihre Grundschule sollte geistig behinderte Kinder integrieren, was aber nicht gelang, so dass die Kinder zurück an die Sonderschule mussten. „Sie brauchen geschützte Räume“, resümiert die Konrektorin ihre Erfahrungen. Auch Inge Hirschmann vom Grundschulverband hat nach vielen Gesprächen mit Kolleginnen festgestellt, „dass die Aufbruchstimmung fehlt“ – wegen der Vielzahl unterfinanzierter Reformen in den letzten Jahren.

Eine weitere Befürchtung der Eltern betrifft den Übergang zur Oberschule. Sie fordern einen Nachteilsausgleich für Förderkinder, damit auch sie eine Chance haben, auf nachgefragte Schulen zu kommen. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) stellt am 22. Februar alle Empfehlungen des Beirats vor, der aus Vertretern der Schulen, Eltern, von Bezirke und Verbänden bestand. sve/svo

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