zum Hauptinhalt
Am Sonntagabend läuft die 1.000 "Tatort"-Folge, heute aus Leipzig mit den Kommissare Lindholm (Maria Furtwängler) und Borowski (Axel Milberg).

© Meyerbroeker/NDR/dpa

"Tatort"-Rituale: Kochen, bis der Kommissar kommt

Sonntag für Sonntag finden sich Millionen von Menschen für eine neue "Tatort-Folge" vor dem Fernseher ein. Die Rituale rund um das Ereignis sind ganz unterschiedlich.

Von

Dank Mediatheken ist die "Tatort"-Betrachtung ja nicht mehr auf den Sonntagabend angewiesen. Mein sonntägliches Ritual ist deshalb nicht Fernsehen, sondern Recherche, also "Ermittlungen": Aus Twitter-Nachrichten lässt sich quasi live eine Vorstellung vom Film puzzeln. Wenn Kritikerin H. der "Tatort" zu komplex ist, Kritiker D. aber nicht krass genug, ist er meistens einer für mich. Spannender als manchen Krimi finde ich oft die Spiele drumherum: Lässt die Regie wieder nuscheln, ist "Schauspielerei" ein treffender Vorwurf an Schauspieler – und sitzen die witzigeren Faktenchecker bei FAZ oder Münchener Polizei? Carsten Werner

"Wer kocht zum Tatort?"

Wie viele Jahre geht das eigentlich schon? Es ist Sonntagabend, 20.15 Uhr, der Vorspann läuft, Daniel ruft aus der Küche: "Das Essen kommt gleich", drinnen auf der Couch macht die tolle Wiebke einen Wein auf, während Verena und Irina parallel zum "Tatort"-Vorspann mit den Füßen auf dem Boden trampeln und Rachel "Es geht los" in die Küche ruft; da ist die erste Leiche zu sehen, Micha twittert schon mal was zum #Tatort-Hashtag, ich mache einen blöden Witz zum Aussehen des Kommissars, Benjamin lacht (immerhin er) und Anne ruft: "Könnt Ihr jetzt mal leise sein?"- und da lachen dann alle, weil sie das immer ruft. Es geht schon viele Jahre so, Sonntag für Sonntag treffen wir uns (egal was ist) zum Krimi (egal welcher es ist), um abwechselnd zu kochen, uns über die letzte Woche zu unterhalten und dann etwas zu tun, was wir sonst nie tun: Fernsehen gucken.

Was wäre ein Leben ohne Freunde, was wäre ein Alltag ohne Rituale, was wäre eigentlich ein "Tatort" für mich ohne unsere Runde, bei der manchmal die Partner wechseln, die einer mitbringt, aber nie die Freude daran, sich wiederzusehen? Und auch immer wieder an die zu denken, die nicht mehr dabei sein können (Mathias). Bis um neune muss jeder einen Täter geraten haben, der Sieger bekommt nach dem Abspann feierlich eine Armbinde überreicht mit dem Aufdruck "Kommissar der Woche". Und dann geht‘s rein in die neue Woche, am Montag habe ich den Mord fast wieder vergessen – aber nicht, dass wir Freunde sind, die sich am Freitag wieder Nachrichten schreiben: "Wer kocht zum Tatort?" Robert Ide

Erinnerungen mit Schrecken

An mein erstes Tatort-Erlebnis erinnere ich mich mit Schrecken. Ich war acht und durfte bei meinem Opa übernachten. Während wir Schach spielten, lief nebenher der Tatort. In der Einstiegsszene wurde ein Jugendlicher von Entführern immer wieder in eine Badewanne getunkt, damit er Informationen verrät, danach blieb die Handlung düster. Obwohl ich konzentriert nicht auf den Bildschirm schaute, verlor ich die Schachpartie chancenlos. Die nächsten Jahre brauchte ich nur die Einstiegsmelodie des Tatort zu hören, um freiwillig ins Bett zu gehen. Inzwischen traue ich mich aber immerhin, beim Münster-Tatort einzuschalten. Felix Hackenbruch

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false