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Berlin: Tausend Takte Tanzmusik

Stilmix: Das Festival Planet Pro Berlin beschallte die Straße des 17. Juni mit Rock, Pop und Techno

Der Mann leidet vermutlich ungemein, auch wenn er versucht, sich nach außen hin nichts anmerken zu lassen. 17 Jahre liegt es nun zurück, dass Dr. Motte mit der von ihm erfundenen Loveparade so etwas wie eine Jugendbewegung losgetreten hat. Im Jahr 2006 ist davon nicht mehr viel übrig geblieben, obwohl der Technoumzug nach zweijähriger Pause reanimiert werden konnte. Doch von „Friede, Freude, Eierkuchen“, dem Motto der ersten Parade, kann nicht mehr die Rede sein. Motte, der bürgerlich Matthias Roeingh heißt, hat sich mit seinen ehemaligen Weggefährten von der Loveparade heillos überworfen und sein Erscheinen beim Umzug vor gut einem Monat lautstark und entschlossen abgesagt.

Stattdessen treibt sich der Techno-Missionar lieber auf Konkurrenzveranstaltungen herum, etwa auf der Fuckparade Ende Juli. Oder auf der Planet Pro Berlin am gestrigen Sonnabend auf der Straße des 17. Juni zwischen Siegessäule und Yitzhak-Rabin-Straße. „Ich freue mich. Das ist eine Strecke, die ich sehr gut kenne und das Wetter scheint sich auch zu halten“, sagt Dr. Motte am Vormittag.

Zu diesem Zeitpunkt klingt er noch zuversichtlich und bereitet sich auf sein am Abend bevorstehendes DJ-Set auf der Hauptbühne an der Strecke vor. Wäre er zu dieser Zeit bereits vor Ort, seine Euphorie hielte sich vermutlich in Grenzen. Zwischen den insgesamt zwölf Bühnen, die im Abstand von wenigen Metern aufgebaut sind, und den zahlreichen Imbissbuden entlang der Straße haben sich erst wenige Menschen eingefunden. „Das wird schon noch“, sagt der Betreiber eines Getränkestands und erzählt, dass es im vergangenen Jahr für seine Kollegen „super“ lief. Nur: Damals fiel die Loveparade ins Wasser, und Planet Pro Berlin versuchte sich in der Rolle einer Ersatzveranstaltung. Diesmal können Veranstalterin Jeannie Foitzik und ihr Team von diesem Vorteil nicht mehr profitieren.

Ohnehin scheint es ein Fehler zu sein, dass sich die Organisatoren nicht recht entscheiden können, was denn Planet Pro Berlin eigentlich sein soll: eine bessere Kirmesveranstaltung, eine große Familienfeier oder doch eher eine Party für Jugendliche. Die musikalische Ausrichtung der einzelnen Bühnen reicht von Reggae über Hiphop, Pop und Techno bis hin zu Rock ’n’ Roll. Wobei letzterer Musikstil zweifelsfrei den meisten Zuspruch erfährt. Am frühen Nachmittag treten auf der „Rock-A-Tiki“-Bühne Bands wie Thee Flanders oder Raik & The Chainballs auf und schaffen es, mit eingängigen Hüftschwung-Rhythmen eine respektable Besuchermenge zu begeistern.

Auf knapp 4500 Besucher schätzt die Polizei die Zahl der Anwesenden kurz vor 17 Uhr. Die Veranstalter, die im Vorfeld mit etwa zehnmal so viel gerechnet haben, sprechen dennoch von einem Erfolg. „Wir sind unglaublich happy, das neue Musikkonzept mit den vielen unterschiedlichen Stilen wird gut angenommen“, sagt Pressesprecherin Sandrina Koemm. Insbesondere die Karaoke- Bühne erweise sich als Publikumsmagnet. Koemm sagt, die Planet Pro Berlin sei wie eine „Reise durch die musikalische Welt“. Wohin diese Reise sowohl die Veranstalter als auch die Besucher führen soll, scheint sie selbst nicht so genau zu wissen.

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