zum Hauptinhalt

Taut wird gebaut: Rekonstruktion des Jagdschlosses wird trotz Widerstand fortgesetzt

Die Fassade des Jagdschlosses Glienicke soll rekonstruiert werden. Aber nach welchem Vorbild? Darüber besteht noch Uneinigkeit. Die Fans des Bauhausarchitekten Max Taut haben sich durchgesetzt – vorerst.

Senatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) beharrt trotz starker Gegenwehr aus den eigenen Reihen auf ihrer denkmalpflegerischen Haltung zum Jagdschloss Glienicke. Taut wird gebaut, basta. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ist dagegen, sein Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD) sowieso, sie wollen sich aber nicht über die hochrangigen Taut-Verteidiger, Landeskonservator Jörg Haspel und Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, hinwegsetzen. Formell sei eine Entscheidung der Obersten Denkmalbehörde nicht erforderlich, erklärte Junge-Reyers Sprecher Mathias Gille.

Damit können die Bauarbeiten weitergehen, und die umstrittene Glasfassade von Max Taut, nach dem Mauerbau in die Schlossfassade eingefügt, wird mit modernen Materialien rekonstruiert. Die Architektin Christina Petersen hatte sich vergeblich gegen diese Lösung gesträubt.

Gegen die Glasfassade haben sich auch die Bezirksverordneten von Steglitz-Zehlendorf ausgesprochen. Die CDU-Verordnete Sabine Lehmann-Brauns verurteilte die Taut-Rekonstruktion als „verhängnisvolle Fehlentscheidung“. Ihr Mann und Parteifreund Uwe Lehmann-Brauns trug den Konflikt ins Abgeordnetenhaus, geriet damit aber schnell in die Ränke des Wahlkampfs. Obwohl viele SPD-Politiker im Kulturausschuss auch für eine historische Rekonstruktion eintreten, ließen sie einen entsprechenden Antrag der CDU aus taktischen Gründen durchfallen.

„Es gibt viel Unverständnis in der Fraktion, dass die Denkmalpflege sich so hartleibig zeigt“, sagt der SPD-Kulturpolitiker Torsten Hilse. Es müsse noch mehr Druck aufgebaut werden, damit sich „hinter den Kulissen“ etwas bewegt. Die SPD votiert in dieser Frage allerdings nicht geschlossen. Christian Gaebler, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, spricht sogar von einer Mehrheit für Taut. Auf eine Abstimmung in der Fraktion wurde verzichtet, um den Streit nicht weiter anzuheizen.

In der Sache geht es darum, ob man Architektursünden wiedergutmachen darf. Dass Taut Mitte der sechziger Jahre das Schloss brachial in eine moderne Bildungsstätte umfunktionierte, steht außer Frage. Einige von Tauts Eingriffen, etwa der Anbau einer Küche und betonierte Laubengänge, wurden bereits beseitigt. Doch die Glasfassade zum Garten erscheint den Experten als so stilprägend für die Nachkriegszeit, dass sie darauf nicht verzichten möchten. Sie sei die „Antwort Tauts auf die Grenzziehungen des Kalten Krieges“, schreibt Landeskonservator Haspel in einer Stellungnahme. Der Taut’sche Umbau als Mauerrelikt, auf dieser Basis votiert auch die Stiftung Berliner Mauer für Taut. Die Schlösserstiftung wurde nicht gefragt. Sie würde sich wahrscheinlich gegen Taut aussprechen.

„Wär’ eben schöner“, sagt Hannelore Bolte vom Kulturverein Wannsee zur historischen Rekonstruktion. Die 74 Vereinsmitstreiter hätten sich dafür ausgesprochen, seien aber weit davon entfernt, Mahnwachen an der Baustelle abzuhalten. Auf der Straße protestieren, so was machen honorige Wannseer nicht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false