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Berlin: Teil 6: Durch die Fusion Köpenick - Treptow entsteht im Südosten Berlins der flächenmäßig größte Bezirk

In einem halben Jahr ist es soweit: Die Bezirksverordneten in den neun neuen Großbezirken tagen gemeinsam, um Bürgermeister und Stadträte zu wählen. Bis zum 1.

In einem halben Jahr ist es soweit: Die Bezirksverordneten in den neun neuen Großbezirken tagen gemeinsam, um Bürgermeister und Stadträte zu wählen. Bis zum 1. Januar 2001 treten diese ihre Ämter an, womit die Bezirksfusion beendet wäre. Wir beleuchten den Stand der Dinge.

Es wird eine Ehe der Superlative: Durch den Zusammenschluss von Köpenick und Treptow entsteht mit 16 800 Hektar der flächenmäßig größte Bezirk der Stadt. Auf seinem Gebiet befindet sich außerdem der höchste Berg Berlins (Müggelberg), der größte See (Müggelsee) und der einzige Vergnügungspark (Spreepark). Auch der Treptower Park, der Hafen der Stern- und Kreisschifffahrt sowie das Sowjetische Ehrenmal sind vielen Nicht-Berlinern ein Begriff. Eigentlich bringen beide Partner vergleichbare Anziehungspunkte mit in die Gemeinschaft. Trotzdem haben viele Treptower das Gefühl, die Köpenicker wollen der überlegene, bestimmende Partner sein. "Die bilden sich doch bloß was auf ihren Hauptmann ein", sagt eine Treptower Angestellte verärgert.

Bürgermeister zieht zum Hauptmann

Tatsächlich muss seit nunmehr vier Jahren jeder, der das Rathaus in der Köpenicker Altstadt betritt, an dem Uniformierten vorbei. Denn dem Schuster Wilhelm Voigt, der vor 94 Jahren als Hauptmann verkleidet das Rathaus besetzte und die Stadtkasse raubte, wurde ein Denkmal gesetzt. Schon jetzt steht fest, dass auch der neue Chef des Großbezirks hier residieren wird. Schließlich haben die Fusionspartner beschlossen, dass der Bürgermeister direkt vom mittelalterlichen Stadtkern Köpenicks heraus regieren soll. Als Gegenleistung werden die 69 Bezirksverordneten im Treptower Rathaus an der Neuen Krugallee tagen. Fünf Verwaltungsstandorte stehen den 225 000 Einwohnern künftig zur Verfügung. So hat man sich darauf geeinigt, außer den beiden Rathäusern auch das Rathaus Johannisthal, Gebäude an der Rinkartstraße und einen Komplex an der Rudower Chaussee zu nutzen.

Neues Angebot im Amt: Sekt

Nach der Fusion wird es ingesamt 15 Leistungs- und Verantwortungsbereiche (LuV) geben. Während die Köpenicker Verwaltung schon seit ein paar Jahren nach dieser Struktur arbeitet und auf diesem Gebiet durchaus Vorreiter ist, wurden in Treptow erst nach und nach LuVs eingerichtet. Der Jugend- und Kulturbereich sowie das Standesamt gehören dazu. Der Vorteil besteht darin, dass jeder Bereich über ein eigenes Budget verfügt. Außerdem wird mit dem jeweils zuständigen Stadtrat konkret vereinbart, welche Leistungen mit wie vielen Mitarbeitern und zu welchen Kosten zu erbringen sind. Die Mitarbeiter des Köpenicker Standesamtes haben im vergangenen Jahr rund 24 000 Mark zusätzlich erwirtschaftet: durch besondere Angebote wie beispielsweise das Gläschen Sekt nach der Trauung. Schon jetzt arbeiten der Sozial- und der Jugendbereich beider Bezirke eng zusammen. In den nächsten Monaten müssen allerdings sämtliche Ressorts zusammengeführt werden. "Noch haben wir keine genaue Reihenfolge festgelegt", sagt Köpenicks Bürgermeister Klaus Ulbricht (SPD). Ein erster Schritt wurde bereits getan. Seit Sommer vergangenen Jahres stehen die Musikschulen unter einer gemeinsamen Leitung.

Nur Kandidaten aus den eigenen Reihen

Anders als etwa in Hellersdorf und Marzahn gibt es in Treptow und Köpenick keinen Streit um das Auswahlverfahren für die neuen Führungskräfte. Um den Personalüberhang nicht noch zu vergrößern, werden nur Kandidaten aus den eigenen Reihen zugelassen: Nur die bisherigen Amtsleiter haben eine Chance bei der Neubewerbung.

Eine Kommission, zu der ein verantwortlicher Stadtrat, die Bürgermeister sowie Vertreter der Personalräte gehören, entscheidet nach einem bestimmten Anforderungsprofil. Die Treptower PDS-Fraktionsvorsitzende Karola Goldmann bemängelt allerdings, dass durch das Vorgehen nur ein beschränkter Personenkreis zur Auswahl steht. Die PDS-Frau hatte für eine "bezirkliche Ausschreibung" plädiert. Andere Kritiker befürchten sogar Postenschieberei. Unter den Beschäftigten in den Verwaltungen herrscht indes Verunsicherung. "Die Leute sind kaum noch motiviert und warten erst mal ab, was passiert", beschreibt eine Köpenicker Personalrätin die Stimmung.

Die Getriebe der Kommunalpolitik sollen bis Ende des Jahres synchronisiert werden. So tagen einige Ausschüsse der Bezirksverordnetenversammlungen schon zusammen. Manchmal werden aber auch - zumindest für Außenstehende - kurz vor der Fusion, unsinnige Entscheidungen getroffen. So haben die Treptower im Februar noch ihre eigene Behindertenbeauftragte gewählt. Der Antrag kam vorrangig mit den Stimmen der PDS zustande. Vor der eigentlichen Bezirksfusion wollen sich sämtliche Kreisverbände der Parteien zusammenschließen. Die SPD hat schon "geheiratet". Und die beiden einzigen bündnisgrünen Bezirksverordneten - Elke Werner aus Treptow und Brigitte Gelbke aus Köpenick - haben eine Arbeitsteilung vereinbart: So wird sich in der neuen BVV die Treptowerin auf Jugend- und Sozialthemen konzentrieren und die Köpenickerin mit Wirtschaft, Finanzen und Verwaltung befassen. Noch nicht offiziell sind die Nominierungen für das neue Bezirksamt. Intern wird natürlich heftig über die Postenverteilung diskutiert. Klar ist zunächst, dass PDS, SPD und CDU mit jeweils zwei Kandidaten ins Rennen gehen.

Gute Chancen für Klaus Ulbricht

Die besten Chancen, neuer Rathaus-Chef des Großbezirks zu werden, hat Klaus Ulbricht (SPD), obwohl es mit Ernst Welters von der PDS einen Gegenkandidaten gibt. Denn die CDU hat bereits ihre Unterstützung für Ulbricht signalisiert. Streit gibt es um das Bauressort. Der langjährige Treptower SPD-Baustadtrat Dieter Schmitz will nur ein Amt übernehmen, wenn er auch künftig seinen Bereich behalten kann. Erste Gespräche hat es dazu mit der CDU gegeben, die in Köpenick für Bauen zuständig ist. Es wäre auch möglich, das Ressort zu splitten. Die PDS hat bislang noch keinen zweiten Kandidaten präsentiert. Sie ist aber mit einigen Bewerbern im Gespräch. Es kann also durchaus sein, dass es ein "Import von außerhalb" wird. Einig ist man sich auch über den neuen Bezirksnamen geworden. Einem BVV- Beschluss zufolge wird der Großbezirk Köpenick-Treptow heißen. Die Köpenicker haben übrigens darauf bestanden, dass ihr Name zuerst genannt wird.Morgen lesen Sie: Charlottenburg - Wilmersdorf

Steffi Bey

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