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Telefonterror: Keine Fahndung unter dieser Nummer

Seit Monaten wird eine Berlinerin telefonisch belästigt. Eine Fangschaltung wurde von der Justiz aber nicht angeordnet, für die Kosten einer solchen Maßnahme müsste die Lehrerin selbst aufkommen.

Seit Monaten schon wird Karla N. (Name geändert) terrorisiert. Spät nachts und früh morgens klingelt seit Dezember regelmäßig das Telefon, anhören muss sie sich dann Äußerungen „mit obszönem und sexistischem Inhalt“, wie die Lehrerin sagt. Und sie hat auch einen Verdacht: Sie hält Schüler für die Täter. Denn teilweise würden Inhalte aus ihrem Unterricht – Frau N. gibt auch Sexualkunde – genannt. Am 16. Februar bereits hatte die Gymnasiallehrerin Anzeige bei der Polizei erstattet. Doch die Ermittlungen brachten kein Ergebnis.

Karla N. ist vor allem darüber empört, dass die Justiz keine Fangschaltung angeordnet habe. Immerhin werden die Daten vor Gericht als Beweis anerkannt. „Ich sollte das selbst bezahlen“, sagt sie. „Ich sehe aber nicht ein, die Ermittlungsarbeit der Polizei zu finanzieren“.

Eine Fangschaltung für Privatpersonen bei der Telekom ist nicht besonders teuer: Der erste Tag kostet gut zehn Euro, danach sinken die Preise täglich. Ab dem zehnten Tag sind es nur wenig mehr als 50 Cent. Die Telekom erstellt dann eine Liste der Anrufe mit Uhrzeiten und Nummer des Anrufers, auch, wenn die Rufnummer unterdrückt wird. Wieso in diesem Fall keine Fangschaltung beantragt wurde, konnte ein Justizsprecher gestern nicht sagen. Die Justiz betonte, dass diese häufig nicht ausreiche, weil zu derartigen Taten häufig ein und dasselbe Mobiltelefon von mehreren Tätern verwendet werde.

Teilweise würden sich die Anrufer unter dem Namen von Kollegen melden, sagt Karla N. Doch namentlich benennen kann sie die Jugendlichen nicht. Den Kollegen an der Friedrich-Ebert-Oberschule hat sie Mitschnitte der Anrufe vorgespielt, ebenfalls ohne Ergebnis, die Kassette hat sie den Ermittlern übergeben. Karla N. spricht von sechs verschiedenen Stimmen. Mindestens ein Schüler sei von der Polizei vernommen worden, bestätigte Schulleiter Ottmar Jüdes, jedoch bislang ohne Ergebnis.

Die Polizei hat der Lehrerin neben einer Fangschaltung zudem geraten, eine neue Telefonnummer zu beantragen. Aber auch das lehnt Frau N. ab. Sie will unter der alten Nummer weiter erreichbar sein. Nur aus dem Telefonbuch hat sie sich mittlerweile streichen lassen.

Von einer „gewissen Tragik“ spricht Schulleiter Jüdes. Die Weigerung, die Kosten zu übernehmen, sei nachvollziehbar, sagt der Schulleiter. Schließlich werde die Lehrerin nicht als Privatperson, sondern als Lehrerin beleidigt und belästigt. Eingeschaltet in den Fall wurden der Schulpsychologische Dienst, die Schulverwaltung und der Präventionsbeauftragte der Polizei. „Es wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt“, sagt Schulleiter Jüdes.

Die Polizei hatte die Ermittlungen wegen Beleidigung und Körperverletzung an die Staatsanwaltschaft abgegeben – mit dem Hinweis „Täter nicht zu ermitteln“. Dort wurde das Verfahren mittlerweile eingestellt, sagte ein Sprecher. Von allen Seiten erhielt die Lehrerin den Rat, dagegen Widerspruch einzulegen oder eine neue Anzeige zu erstatten. Doch das will Karla N. nicht mehr: „Das bringt ja sowieso nichts“, sagt sie resigniert.

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