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Tempelhof-Besetzung: Clowns und Randale

Die Aktivisten sind aufgrund massiven Polizeiaufgebots nicht auf das Flugfeld gelangt. Zu den geplanten Aktionen kamen weniger Teilnehmer als erwartet. Polizeichef Glietsch warnt vor Verharmlosung der linksextremen Szene.

Von Frank Jansen

Mit einem massiven Polizeiaufgebot hat die Polizei am Sonnabend die geplante Besetzung des ehemaligen Flughafens Tempelhof verhindert. Bis in die frühen Nachtstunden war es Aktivisten und Unterstützern der Aktion „Squat Tempelhof“ nicht gelungen, den acht Kilometer langen Stacheldrahtzaun zu überwinden und das riesige leere Gelände zu besetzen, um die schnelle Öffnung für die Bevölkerung durchzusetzen.

Polizeipräsident Dieter Glietsch hatte zuvor mehr Unterstützung von der Politik gefordert. „Wer die Bekämpfung des gewaltbereiten Linksextremismus der Polizei überlässt, der muss zur Kenntnis nehmen, dass auf Dauer keine durchgreifenden Erfolge zu erzielen sind“, sagte Glietsch im RBB-Inforadio.

Die Polizei war mit rund 1800 Beamten im Einsatz – darunter auch Verstärkung aus Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg. Zudem überwachte die Polizei das Areal mit einem Hubschrauber, fuhr Wasserwerfer auf und patrouillierte mit Hundestreifen.

Angekündigt hatten die Initiatoren 10 000 Teilnehmer, die sich im Rahmen der sogenannten Action-Weeks an der Besetzung beteiligen wollten. Doch es kamen weitaus weniger – die Polizei sprach von mehr als 1000 Unterstützern, die Veranstalter schätzten 5000. Am späten Nachmittag gab es erste Krawalle: Steine flogen auf Polizisten, Beamte sprühten Reizgas in die Menge und gingen teils mit großer Härte vor, mehrere Personen wurden festgenomme. Doch schon Stunden vorher hatte in Neukölln Kreuzberg und Tempelhof ein Katz-und Maus-Spiel rund um das riesige Gelände begonnen.

Nachdem es Kleingruppen im Laufe des Vormittags hin und wieder gelungen war, an verschiedenen Stellen Löcher in den Zaun zu schneiden, gab es am Nachmittag eine erste größere Aktion: An der Oderstraße/Ecke Kienitzer Straße in Neukölln hatten sich rund 200 Demonstranten versammelt. Darunter waren auch zwei Dutzend Mitglieder der „Clownsarmee“. Dies ist eine Gruppe von Aktivisten, die in Verkleidung bei politischen Demonstrationen auftauchen. Als sich die „Clowns“ dem Zaun näherten, wurden sie sofort von Polizisten abgeführt. Die Oderstraße wurde danach gesperrt, die Beamten sprachen Platzverweise aus. Die Demonstranten in Neukölln ließen sich davon nicht die Laune verderben. Rund um die Herrfurth- und Lichtenrader Straße entwickelte sich die Aktion zum Volksfest. Lautsprecher wurden aufgestellt, die Leute tanzten. In die Zufahrt zum Haupteingang des Flughafens in Tempelhof setzten sich unterdessen rund 150 Leute, darunter viele Punks.

Am Nachmittag löste ein Zwischenfall am Flughafenzaun große Aufregung aus: Ein Zivilpolizist hatte laut Polizei die Pistole gezogen, um sich gegen anstürmende Autonome zu schützen. Diese hätten versucht, einen Demonstranten zu befreien, den der Beamte gerade festnahm, sagte ein Polizeisprecher. Es handele sich um einen Fall von Eigensicherung. „Der Kollege hat die Waffe auf niemand gerichtet, er wollte sich gegen die Angreifer schützen.“

Bis zum Einbruch der Dunkelheit ereigneten sich immer wieder kleinere und größere Zusammenstöße, gegen 23 Uhr waren noch über 1000 Protestler am Columbiadamm versammelt, zugleich feierten etliche hundert Menschen in der Hasenheide ein Tempelhof-Fest.

Bereits in der Nacht zu Sonnabend hatten Aktivisten am S-Bahnhof Tempelhof den Flugfeldzauns auf 20 Meter Länge präpariert: Sie schnitten ein Loch hinein und deckten dieses ab. Allerdings wurde die Manipulation entdeckt.

Senat und Regierungsparteien wiesen die Kritik des Polizeipräsidenten an einem seiner Meinung nach ungenügenden Engagement der Politik gegen linksextreme Gewalt zurück. „Wir als Regierung haben uns klar gegen Gewalt geäußert“, sagte Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linke). Auch ihre Partei habe immer wieder deutlich gemacht, dass sie illegale Aktionen nicht unterstütze.

In der SPD erfährt der Polizeipräsident zumindest mit seiner Feststellung Unterstützung, dass die Bekämpfung der linksextremen Gewalt nicht alleine der Polizei überlassen werden darf. „Da kann ich ihm nur Recht geben“, sagt der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Thomas Kleineidam. Allerdings verwahrt sich auch Kleineidam gegen die Kritik, die Regierung sei untätig. „Wir sind nicht auf dem linken Auge blind.“ Dass es in den eigenen SPD-Reihen partielle Unterstützung für illegale Aktionen wie die Tempelhof-Besetzung gibt, missfällt allerdings auch Kleineidam: „Das wird noch eine innerparteiliche Debatte nach sich ziehen.“ 

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