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Volksentscheids-Kampagne fuer Tempelhof

© ddp

Tempelhof: Wahlkampf um einen Flughafen

Noch knapp einen Monat bis zum Volksentscheid: Die Befürworter des City-Airports präsentieren ihre neue Kampagne, die bald in der ganzen Stadt zu sehen sein wird. Die Grünen halten mit einem Seyfried-Plakat dagegen.

„Alle Macht geht vom Volke aus!“ steht weiß auf blau auf den Plakaten. Gestern hat die Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof (Icat) ihre Werbekampagne für den Volksentscheid am 27. April gestartet. An 1000 Plätzen im gesamten Stadtgebiet sollen Großtafeln aufgestellt werden.

„Wir müssen die Bürger nicht überzeugen, sondern mobilisieren, ihre Stimme abzugeben“, sagt Icat-Chef Andreas Peter. Deshalb ziele man auf das Demokratieverständnis, das bei der gegenwärtigen Landesregierung „nicht gerade ausgeprägt“ sei. Schließlich gehe es bei der Entscheidung über die Zukunft des Flughafens Tempelhof auch „um die Zukunft dieser Stadt“, sagte Kampagnenleiter Matthias Wambach, der frühere Berliner CDU-Generalsekretär.

Für die Kampagne wurde die auf politische Kommunikation spezialisierte Agentur Shipyard verpflichtet. Ein zweites Plakatmotiv ist in Form einer Anzeigetafel gestaltet. „74 Prozent der Berliner sind für den Erhalt von Tempelhof“, heißt es dort. Drei bis sechs weitere Slogans sollen noch folgen. Zusätzlich wird mit kleineren Plakaten, Aufklebern, Buttons, Armbändern und Kaffeetassen für Tempelhof geworben. Die Website www.tempelhof-retten.de werde täglich aktualisiert. Wie viel die Icat für die Kampagne ausgeben wird, wollte sie nicht sagen. Das Geld stamme von Kleinspendern.

Plakatiert werden soll im gesamten Stadtgebiet. Denn entgegen dem bisherigen Eindruck sei die Unterstützung für das Anliegen der Icat auch in den Ostbezirken sehr groß, sagte Peter. Obwohl CDU und FDP den Weiterbetrieb Tempelhofs vehement unterstützen, sieht sich Icat parteipolitisch unabhängig.

Trotz bisher gegenteiliger Äußerungen werde es sich der Senat nicht leisten können, den ersten Berliner Volksentscheid bei einem positiven Ausgang zu ignorieren, sagte Peter. Schließlich seien es Senat und Abgeordnetenhaus gewesen, die den Weg zu mehr Bürgerbeteiligung geebnet hätten. Er schätzt, dass sich mindestens 700 000 Berliner für den Erhalt des Flugplatzes aussprechen werden, hofft sogar auf 800 000 Jastimmen. Für einen Erfolg der Icat müsste nicht nur die Mehrheit der Teilnehmer an dem Entscheid mit Ja stimmen, sondern zugleich auch mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Berliner – das sind knapp 612 000. Rechtlich verbindlich ist der Ausgang der Abstimmung allerdings nicht.

Auch die Grünen stellten gestern ein neues Plakat vor, mit dem sie die Berliner aufrufen, beim Volksentscheid mit Nein abzustimmen. Entworfen hat das Plakat der Comiczeichner Gerhard Seyfried mit seiner Kollegin Franziska Riemann alias Ziska. Am Marheinekeplatz in Kreuzberg präsentierten sie ihre Vision für die Zukunft des Flughafens: eine grüne Wiese, auf der Kinder zwischen Schmetterlingen, Blumen und einem Paradiesvogel Ball spielen und Drachen steigen lassen. Darüber der Slogan: „Das Paradies geöffnet, der Flughafen ein Museum.“

Nun sollen in Tempelhof, Kreuzberg und Neukölln 5000 großformatige und 15 000 kleinere Plakate in Kneipen, kleinen Läden und Privatwohnungen in die Fenster gehängt werden, sagte die Grünen-Landesvorsitzende Irma Franke- Dressler. Mit dem Plakat wollten die Grünen die aktuelle Kampagne des „Bündnisses für ein flugfreies Tempelhof“ mit einer positiveren Linie ergänzen – und dafür 17 800 Euro ausgeben.

Dass 74 Prozent der Berliner für den Weiterbetrieb des Flughafens seien, wie die Icat behauptet, hält Franke-Dressler für übertrieben: „Die operieren schlicht mit falschen Zahlen.“ Auch SPD-Pressesprecher Hannes Hönemann wies die Icat-Aussage zurück, die sich auf eine Infratest-Dimap-Umfrage von Februar 2007 bezieht. Da war – wie jetzt auch beim Volksentscheid – gefragt worden, ob Tempelhof weiterhin als „normaler Flughafen“ betrieben werden sollte. Dem hatten nur 34 Prozent der Befragten zugestimmt. Weitere 40 Prozent hatten sich für eine „eingeschränkte Öffnung für Geschäfts- und Ambulanzflieger“ ausgesprochen.

Rainer W. During, Laura Wieland

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