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Tempelhofer Freiheit und das Volksbegehren: Von fehlenden Unterschriften und Plänen für die Landesbibliothek

Es sieht knapp aus beim Volksbegehren zur Bewahrung der Tempelhofer Freiheit. Immer noch fehlen 24.000 Unterschriften. Derweil treibt Bausenator Michael Müller die Pläne fürs Tempelhofer Feld voran und legt sich auch gleich fest: auf einen Entwurf für die Landesbibliothek.

Er weiß schon, was er will. Wenn Bausenator Michael Müller (SPD) entscheiden könnte, dann ginge in zwei Jahren die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) nach Plänen der Architekten Regina Kohlmayer und Jens Oberst in Bau. Von einem „spektakulären Gebäude, das nur an wenigen Punkten auf dem Boden verankert ist, fast schwebt“ schwärmte der SPD-Politiker am Freitag. Eine „fantastische Lösung“, die sich auch noch „einfügt in die vorhandene Bebauung“. Huch – dort, wo sich die ZLB einfügen soll, ist bisher vorhanden: nichts. Die Bibliothek soll gegenüber vom S- und U-Bahnhof Tempelhof entstehen, wobei der rund 250 Meter lange Riegel aus grauem Beton, den Kohlmayer und Oberst entworfen haben, parallel zur früheren Startbahn verliefe. Gleichberechtigt ebenfalls noch im Rennen ist ein Entwurf des Architektenduos Miebach Oberholzer: ein großer Quader, gestaltet mit gläsernen Fassaden. Nördlich an das Bauwerk sollen Wohnungen anschließen, das Areal wird als „Bildungsquartier“ bezeichnet. Hier sollen möglicherweise auch Wohnungen für Studenten gebaut werden und dazu weitere zu günstigen Mieten, subventioniert aus einem 320-Millionen-Euro-Fonds.

Still stehen dagegen erst mal die Bagger, die eigentlich bereits im vergangenen Jahr das große Wasserbecken ausheben sollten. Der Umweltverband BUND klagt. „So lange die juristische Prüfung läuft, bauen wir nicht“, sagt Müller – sicherheitshalber.

Initiative „Tempelhof 100%“ meldete 150 000 Unterschriften

Noch bis Montag läuft das Volksbegehren zur Bewahrung der Tempelhofer Freiheit. An einen Erfolg glaubt der Senator nicht. Dabei meldete die Initiative „Tempelhof 100%“ am Freitagnachmittag 150 000 Unterschriften – 24 000 fehlten noch. Durchaus möglich, dass das Quorum erreicht wird, denn zahlreiche Unterschriftenlisten müssen der Initiative zufolge noch in Cafés, Geschäften und Nachbarschaftsläden eingesammelt werden.

Was aber passiert, wenn das Begehren erfolgreich ist? Dann wird nicht gebaut, aber auf Hochtouren weiter geplant. So hat es die Senatsverwaltung wiederholt erklärt. Denn es wäre ja immer noch fraglich, ob die Initiative im nächsten Schritt wieder erfolgreich wäre: Beim dem Volksentscheid, der auf das Volksbegehren folgen würde, müsste ein Viertel der 2,4 Millionen Stimmberechtigten dafür votieren, Neubauten auf dem Feld zu verbieten. Als Termin würden sich die Initiatoren den 25. Mai, den Tag der Europawahl, wünschen. Erst einmal aber geht es darum, ob für das Volksbegehren genügend Unterschriften zusammenkommen. Am Montag wollen die Aktivisten ihre eigene Schätzung veröffentlichen. Mit einem amtlichen Ergebnis ist nicht unmittelbar zu rechnen.

4800 Wohnungen sind an den östlichen, westlichen und südlichen Rändern des Feldes geplant

Müller sagt, gerade weil das Land in der Innenstadt nicht mehr über so viele Flächen verfüge, seien die Baupläne für die Ränder des Feldes von so großer Bedeutung. Auch die schiere Zahl der Wohnungen, die entstehen sollen, macht die politische Bedeutung des Projektes für den SPD-Senator aus dem Wahlkreis Tempelhof deutlich: 4800 Wohnungen sind an den östlichen, westlichen und südlichen Rändern des Feldes geplant. Es ist das größte unter den 23 großen Baufeldern Berlins, mit deren Entwicklung die Verwaltung die steigenden Mieten in der Stadt bekämpfen will.

Müller betonte aber auch: „Es ist uns wichtig, die 230 Hektar im Zentrum zu erhalten.“ Eine „behutsame Randbebauung“ werde dem aber nicht im Wege stehen. Zum Zuge kommen sollen dabei übrigens zwei städtische Wohnungsbaugesellschaften – und eine Genossenschaft.

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