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Reichhaltiges Sortiment. Naturkostfachverkäufer Cedric Quentin füllt die Regale der trotz Insolvenz weiter geführten Bäckerei in der Ufa-Fabrik.

© Kai-Uwe Heinrich

Tempelhofer Kulturzentrum: Bäckerei und Bioladen der Ufa-Fabrik sind insolvent

Die Ufa-Fabrik zählt zu Berlins dienstältesten alternativen Gesellschaftsexperimenten. Mit der Pleite eines der ersten Bio-Vollkornbäckereien der Stadt erlebt sie einen Rückschlag. Aber die Betreiber wollen nicht aufgeben und mit dem Aufruf durchstarten: "Kauft mehr Ufa-Brot!"

Sie zählt zu den ältesten, quirligsten und beliebtesten selbst verwalteten Kulturstätten Berlins: 34 Jahre nach der friedlichen Besetzung des früheren Filmareals in Tempelhof muss die UFA-Fabrik einen Rückschlag hinnehmen. Eines der ersten auf der Brache gegründeten Unternehmen, die Bäckerei mit angeschlossenem Bioladen, ist pleite. Das Amtsgericht Charlottenburg hat ein „Insolvenzverfahren über das Vermögen der Ufa-Fabrik Berlin GmbH“ eröffnet. Nicht gefährdet ist das „Internationale Kultur Centrum“, das auf 18000 Quadratmetern Theaterfestivals und Jazz-Feste organisiert, auf dessen Bühnen Kabarettgrößen und Newcomer auftraten, etwa Wolfgang Neuß, Kurt Krömer oder Murat Topal. Zum Zentrum gehören außerdem zum Beispiel eine freie Schule und ein Nachbarschaftszentrum mit Sport- und Sozialangeboten.
Der vom Gericht eingesetzte Insolvenzverwalter Stefan Ludwig sagt: „Betroffen sind Bäckerei und Bioladen der Ufa-Fabrik, alles andere ist quicklebendig.“ Dies gilt auch für den Verein, der seit drei Jahrzehnten das Areal pachtet und verwaltet und unter dessen Dach die Kulturprojekte tätig sind.

Von Hand gemacht. In der Ufa-Bäckerei wird Brot nicht am Fließband gemacht, hier rührt Bäckeraltgeselle Marcel Galinski den Teig an
Von Hand gemacht. In der Ufa-Bäckerei wird Brot nicht am Fließband gemacht, hier rührt Bäckeraltgeselle Marcel Galinski den Teig an

© Kai-Uwe Heinrich

In der insolventen Bäckerei arbeiten dem Insolvenzverwalter zufolge 60 Mitarbeiter, die Hälfte davon als geringfügig Beschäftigte. Kündigungen seien derzeit nicht im Gespräch. Dank des vorläufigen Insolvenzverfahrens laufe der Betrieb weiter, drei Monate lang überweise das Arbeitsamt Insolvenzgeld. In dieser Zeit will der Verwalter die Gesellschaft sanieren. „Möglich ist der Einstieg eines Investors“, sagt Ludwig. Große Bäckereikonzerne aber kämen natürlich nicht in Frage: „Es muss schon zur Marke passen.“ also eine Firma aus dem Biobereich.

Jetzt wird "einer vom Fach" für den Betrieb gesucht und dazu aufgerufen: "Kauft mehr Ufa-Brot"

In der letzten bisher veröffentlichten Bilanz der vorläufig insolventen Ufa-Gesellschaft für das Geschäftsjahr 2011 ist ein „nicht gedeckter Fehlbetrag“ von gut 75.000 Euro verzeichnet sowie ein „Verlustvortrag“, also ein Minus aus früheren Jahren, in Höhe von rund 100.000 Euro. Bäckerei-Chefin Elisabeth Karnasch erklärt die Schieflage auch mit dem Siegeszug der Biosupermarktketten: „Viele Naturkostläden, die unsere Kunden waren, schließen.“ Die Ketten aber könne der Handwerksbetrieb vom Ufa-Gelände mit seinen Broten nur schwer als Geschäftspartner gewinnen.

Mit Verkaufsständen an Wochenmärkten sollten die Einbußen wettgemacht werden – ohne Erfolg. Hinzu kam der Generationenwechsel: Der letzte Bäcker, der auf dem Ufa-Gelände lebte, ist verstorben. Die Nachfolger sind Angestellte, die auch mal ausfallen. Und das kostet. Karnasch sucht deshalb nun „einen vom Fach als Teilhaber“ – und ruft auf: „Kauft mehr Ufa-Brot!“

Die Bäckerei war eines der ersten Projekte eines gesellschaftlichen Experiments

Die Ufa-Fabrik ist ein erfolgreiches gesellschaftliches Experiment, das in den 1970er Jahren aus der Kreuzberger Kulturszene im Westen des geteilten Berlins hervorging. Die Kulturschaffenden hatten die brach liegende frühere Filmfabrik besetzt. Statt Barrikaden zu errichten, hängten sie Transparente auf, die Nachbarn und Besucher „Willkommen“ hießen. Das Angebot, auch für Kinder und Familien, verschaffte dem „Kollektiv“ einen Pachtvertrag. Den erfüllen 30 ständige Bewohner und 180 Mitarbeiter und bieten dem Bezirk ein reiches Freizeitangebot. Begrünte Dächer, ein eigenes effizientes Blockheizkraftwerk und ökologische Projekte sind ebenfalls Markenzeichen des Projekts.

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