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Fahren statt fliegen. Könnten hier bald Rennautos ihre Kreise drehen? Groß genug wäre das Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof in jedem Fall. Für viele Anrainer wäre das ein Graus.

© dpa

Ideen für den Tempelhofer Park: DTM will ehemaliges Flugfeld für Autorennen nutzen

Die Deutsche Tourenwagen-Masters will auf dem Tempelhofer Feld eine Rennstrecke bauen. Beobachter halten das für einen schlechten Scherz. Der ADAC findet die Idee interessant und hätte auch noch einen Vorschlag für den künftigen Ex-Flughafen Tegel.

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Für einmal rundherum dürften die Rennwagen knapp zwei Minuten brauchen. Etwas kurz, aber man könnte ja noch die Startbahnen einbeziehen. Da ließe sich auch prima mehrspurig nebeneinander beschleunigen. Der relativ kugelrunde ehemalige Flughafen Tempelhof als Autorennstrecke? Geht, sagen Motorsportfans. Geht unbedingt, man muss es nur wollen. Und das ist nun die Frage: Will Berlin 14 Jahre nach dem Schließen der Avus wieder eine Rennsportmetropole werden?

Die Organisatoren der Deutschen Tourenwagen-Masters (DTM) halten das für eine gute Idee, sagen es aber nicht laut, um sie nicht gleich zu verbrennen. Auch mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) habe man schon darüber gesprochen, rein informell. Für die Liebhaber des Tempelhofer Parks - die Skater, Jogger, Drachenflieger und Raumpioniere – ist die Vorstellung einer Rennserie mit Motorenkrach und dunklen Abgasfahnen ein Graus. Die Gegner von Parkentwicklung und Ränderbebauungvon der Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ halten die DTM-Idee für einen „Witz“, wie ihr Sprecher Hermann Barges formuliert. Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) findet den Vorschlag wenig überzeugend. „Eine Rennstrecke passt nicht in die Entwicklungsplanung für den Park.“ Der sportpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dennis Buchner, findet das Ansinnen spontan „abwegig“. Wenn die DTM ihre Überlegungen aber in ein „vernünftiges Konzept“ gießen würde, könne man sich damit ernsthaft beschäftigen.

Die DTM ist die populärste deutsche Autorennserie. Um nicht im Schatten der Formel 1 zu verschwinden, will sie nun stärker auf sich aufmerksam machen. So entstanden Gedankenspiele, man könnte die Austragungsorte von den Rennstrecken j.w.d. – wie dem Lausitzring – häufiger in die Großstädte bringen.

Allerdings ist dies eine sehr sensible Thematik. Aufmerksamkeitsträchtige Rennen auf Innenstadtstraßen, wie sie die Formel 1 etwa in Monaco oder in Singapur betreibt, sind in Deutschland aus Sicherheitsgründen kaum noch realisierbar. In Berlin sind Auto- und Motorradrennen gänzlich aus der Stadt verschwunden. Begehrlichkeiten anderer Rennserien stand der Berliner Senat seither rigoros ablehnend gegenüber. Deswegen hat die DTM zunächst einmal ganz sachte beim Berliner Senat vorgefühlt.

Bisher wurden nur wenige kommerzielle Veranstaltungen auf dem Feld zugelassen.

In der Berliner Innenstadt käme überhaupt nur das Tempelhofer Feld als Austragungsort infrage. Das Gelände erfüllt prinzipiell die Anforderungen für ein Rennen: Es bietet genug Platz für temporäre Zuschauertribünen und Auslaufzonen bei Unfällen. Zwei Berliner Architektinnen hatten 2004 schon mal einen Formel-1-Parcours als Nachnutzungskonzept vorgeschlagen. Die Tribünen könnte man – wie zur Bauzeit des Flughafens in den 30er Jahren vorgesehen – auf dem Dach des riesigen Flughafengebäudes errichten.

Bisher wurden nur wenige kommerzielle Veranstaltungen auf dem Feld zugelassen. Neben einem Reitturnier und der Pyronale prägen vor allem nichtkommerzielle Events wie Drachenfestival und Campus-Party für Computerfreaks das Image der „Tempelhofer Freiheit“ als Spielwiese für alternative und zukunftsweisende Projekte. Vorstellbar wäre etwa, Radrennen auf das Feld zu verlegen. Im nächsten Jahr soll ein „Schaufenster Elektromobilität“ auf der Freifläche südlich des Flughafengebäudes eröffnen. Die geräuscharmen emissionsfreien Elektroautos werden dann probeweise über die Rollbahnen düsen.

Als im November 2010 Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel ein paar Ehrenrunden auf der Straße des 17. Juni drehte, sollen 85 000 Menschen zugeschaut haben. Das Fanpotenzial der Hauptstadt ist demnach immens. Seit Jahren liefern sich Autotuner mit ihren tiefergelegten Golfs und 3er-BMWs illegale Autorennen auf öffentlichen Straßen am östlichen Stadtrand. Sie treffen sich auf Tankstellen und warten, bis die Polizei außer Sichtweite ist. Auch diese Hobbypiloten würden eine Rennstrecke auf dem Tempelhofer Feld sicher begeistert annehmen.

Der ADAC Berlin-Brandenburg richtet rund 100 Motorsportveranstaltungen im Jahr aus, fast alle finden in Brandenburg statt, auf Berlin entfallen nur zwei: die Oldtimer-Rallye auf der Avus und das Motorbootrennen auf der Regattastrecke vor Grünau. Der ADAC veranstaltet auch die DTM-Läufe auf dem Lausitzring – noch bis 2013. „Natürlich würden auch wir uns mehr Motorsport direkt in Berlin wünschen“, sagt ADAC-Vorstand Bernd Barig. „Wir könnten uns gut vorstellen, künftig Teile des Flughafengeländes in Tegel nach dessen Schließung für Veranstaltungen wie Autoslalom zu nutzen.“ Aber das sei vorerst ja noch Zukunftsmusik.

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