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Berlin: Tempo 30 in Berlin: Autofahrer werden ausgebremst

Berlin ist die Hauptstadt der Verkehrsberuhigung. Nur auf knapp 30 Prozent der 5000 Kilometer Straßen gilt Tempo 50.

Berlin ist die Hauptstadt der Verkehrsberuhigung. Nur auf knapp 30 Prozent der 5000 Kilometer Straßen gilt Tempo 50. Als nächstes werden in Tiergarten an Bartningallee, Kirchstraße und Gotzkowskystraße 30-Schilder aufgestellt. Zudem versucht Verkehrssenator Strieder auch Hauptstraßen auf 30 zu bremsen: Testweise gilt das schon in der Stromstraße in Tiergarten und in der Schildhornstraße in Steglitz. Da kommt der Vorschlag des Bundesverkehrsministeriums, die Anordnung von Tempo 30-Zonen zu erleichtern, gerade recht.

Der grüne Verkehrsexperte Michael Cramer und der Fahrradclub ADFC forderten, 30 zur Regel zu machen und stattdessen Tempo-50-Straßen auszuweisen. "Dies würde den Schilderwald lichten", sagte Cramer. Benno Koch vom ADFC sagte, dass so die Standardausrede der Autofahrer - "ich habe das Schild gar nicht gesehen" - nicht mehr ziehen würde.

Im Vergleich zu anderen deutschen Städten gibt es in Berlin schon jetzt deutlich mehr temporeduzierte Straßen. Nach der gestrigen Entscheidung des Verkehrsministeriums, die Anordnung von "Tempo 30"-Zonen zu erleichtern, dürfte in Berlin noch verbissener um die Schilder gekämpft werden. Denn in dem Entwurf, der im Herbst dem Bundesrat zur Abstimmung vorgelegt werden soll, heißt es, dass die Kommunen größeren Einfluss auf die Anordnung von Tempo 30 haben. Zudem will der Gesetzgeber die bisher festgeschriebene Maximalgröße der Zonen kippen und nicht mehr an "bauliche Veränderungen" koppeln. Besonders der teure Umbau der Straßen hatte viele Städte und Gemeinden abgehalten, Zonen auszuweisen. Generell sei Tempo 30 gut für die Verkehrssicherheit, betonte das Ministerium gestern. Das sagt auch die Berliner Polizei. "Jede Geschwindigkeitsreduzierung führt zum Rückgang von Unfällen", sagte ein hoher Beamter der Schutzpolizei. Besonders bei Unfällen mit Toten und Schwerverletzten sei der Rückgang besonders deutlich. Dem entgegen stünde aber der Aspekt der Leistungsfähigkeit der Hauptstraßen. Weiterhin müsse es ein kräftiges Hauptstraßennetz geben. Der Beamte räumte ein, dass "Leistungsfähigkeit etwas anderes als Verkehrssicherheit ist".

Und die Polizei hat noch ein Argument gegen mehr "Tempo 30"-Straßen: "Die Wahrscheinlichkeit, kontrolliert zu werden", nimmt mit mehr Tempo-30-Straßen ab." Besonders Anwohner würden in ihren Straßen mehr Kontrollen verlangen. "Und das können wir nicht." Die Verkehrsverwaltung will nun beim Polizeipräsidenten darauf drängen, dass die Kontrolldichte bleibt und nicht absinkt, sagte Strieders Sprecherin Dagmar Buchholz gestern.

Verkehrssenator Strieder will Berlin nicht in eine totale Tempo 30-Zone verwandeln: "Wir sind ja eine Metropole." Da auch die Polizei das bestehende Hauptstraßennetz nicht antasten will und ebenso die Tempo-30-Zonen unumstritten sind, dürfte der Streit sich wieder auf die so genannten Ergänzungsstraßen konzentrieren - wie schon vor zehn Jahren bei Erfindung von "Tempo 30". Denn nach dem Wechsel von Rot-Grün zur großen Koalition 1992 hatte die CDU erreicht, dass auf 32 größeren Straßen wieder Tempo 50 galt. Mit Bartningallee, Kirchstraße und Gotzkowskystraße sind nun die ersten Straßen auf 30 zurückgestuft worden.

Mit dem halbjährigen Versuch auf der Stromstraße in Tiergarten gilt erstmals auf einer Hauptstraße ganztägig Tempo 30. Bislang wurde nur nachts testweise in mehreren großen Straßen Schilder aufgestellt, darunter am Autobahnzubringer Schildhornstraße. Ergebnisse über die erzielte Lärmminderung gibt es aber noch nicht, sagte Strieders Sprecherin Buchholz gestern.

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