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Berlin: Tempodrom-Affäre: Alle schauen auf die Investitionsbank Staatsanwalt und Parlament prüfen Finanzgebaren

und Informationspolitik des Förderinstituts

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die landeseigene Investitionsbank Berlin (IBB), die an der Finanzierung des Tempodroms beteiligt war, rückt bei der Aufklärung der Affäre zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses. Zum einen streiten sich Staats- und Rechtsanwälte, ob die Zahlungen der IBB an die Stiftung „Neues Tempodrom“ nur finanzpolitisch bedenklich – oder aber strafwürdig waren. Zum anderen hat der parlamentarische Untersuchungsausschuss Schlampereien der IBB bei der Kontrolle der Tempodrom-Finanzierung festgestellt. Und er geht der Frage nach, ob IBB-Mitarbeiter vorsätzlich Informationen zurückhielten, die eine Bewilligung der Gelder ansonsten verhindert hätten.

Bis 2004 war die IBB ein Bestandteil der Landesbank Berlin (LBB). Die zweite Sponsoringzahlung (1,5 Millionen Euro), die im Oktober 2002 an das Tempodrom floss, musste deshalb vom IBB-Ausschuss der Landesbank beschlossen werden. Die Beschlussvorlage, die vom LBB-Vorstandsmitglied Jürgen Kulartz und dem IBB-Bevollmächtigten Jörg Auermann vorbereitet wurde, empfahl die Zustimmung. Dabei wurde auf einen Brief des damaligen Stadtentwicklungssenators Peter Strieder vom 29. September 2002 verwiesen, in dem er „gemäß IBB-Gesetz“ den Auftrag zur „weiteren Finanzierung“ des Tempodroms erteilte.

Allerdings hatte der IBB-Mitarbeiter Thomas Dankwart zwei Tage zuvor in einem internen Vermerk festgehalten: „Ich habe Herrn Kulartz darüber informiert, dass nach den aktuell vorliegenden Informationen der Liquiditätsbedarf der Stiftung höher als 1,5 Millionen Euro sein wird.“ Er habe sich mit Kulartz darauf verständigt, Senator Strieder über den höheren Finanzbedarf erst nach einer positiven Entscheidung des IBB-Ausschusses „durch Herrn Auermann telefonisch zu informieren“. Als die – gegen Strieder und Finanzsenator Thilo Sarrazin ermittelnde – Staatsanwaltschaft im Juni 2004 fragte, warum die wichtige Information zurückgehalten wurde, sagte ein IBB-Justitiar aus, man habe Strieder „nicht täglich mit neuen Zahlen kommen“ wollen.

Und der LBB-Vorständler Kulartz will offenbar nicht ins Zwielicht geraten. Am Mittwoch tauchte seine Zeugenaussage in der „Berliner Morgenpost“ auf, in der er zur Vorwärtsverteidigung überging. Die zuständigen Senatsmitglieder hätten „trotz der objektiv vorhandenen Kenntnis über die tatsächliche Situation im Unternehmen“ dem zweiten Sponsoring zugestimmt. Ohne die Einflussnahme der Politik wäre „eine Auszahlung von Mitteln aus dem Vermögen der IBB nie in Frage gekommen“, sagte er den Ermittlern. Die Auszahlung durch die IBB gründe sich nur auf dem von Strieder erteilten Auftrag.

Diese Auftragserteilung wird von dem Beschuldigten nicht bestritten. Sie ist durch das IBB-Gesetz gedeckt. Die im September anstehende Entscheidung der Staatsanwaltschaft, ob gegen Strieder, Sarrazin und Wirtschafts-Staatssekretär Volkmar Strauch Anklage wegen des Verdachts der Untreue erhoben wird, hängt von anderen Fragen ab: Waren die Politiker über die realen wirtschaftlichen Probleme des Tempodroms rechtzeitig und zutreffend informiert? Da steht nun Aussage gegen Aussage. Und: Wurden die Finanzmittel der IBB pflicht- und zweckwidrig in Anspruch genommen? Die Beschuldigten berufen sich auf eine Änderung des IBB-Gesetzes im September 2000, die das Förderspektrum der Bank ausweitete. Die Unterstützung einer bedeutenden Kultureinrichtung gehöre eindeutig dazu.

Die Novelle war übrigens noch von der Koalition aus CDU und SPD beschlossen worden. Grüne und PDS stimmten dagegen, weil die „Konzentration und Vermischung von Aufgaben“ bei der IBB jede Einsichtnahme und parlamentarische Kontrolle verhindere. Die Industrie- und Handelskammer hatte ähnliche Einwände. Der PDS-Politiker Stefan Liebich sagte damals im Parlament: „Ich glaube, dass dies eine Entscheidung ist, die Sie irgendwann bereuen werden.“

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