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Berlin: Teodor zieht am schnellsten

Bei Bombenalarm rückt die Polizei mit einem Hightech-Roboter aus, der Treppen steigt und Wasser spuckt

Teodor ist immer öfter im Einsatz. Am Freitagnachmittag musste Teodor zum Bahnhof Zoo ausrücken: Bombenalarm. Ein Koffer war stehen geblieben, die Besitzerin hatte ihn vergessen. Vor Jahren hätte der Bahnhofsvorsteher ihn ins Fundbüro gebracht, spätestens seit den Anschlägen vom 11. September kommt Teodor, ein 130 Zentimeter kurzer, fahrbarer, ferngelenkter Roboter auf Raupen, vollgepackt mit Technik. Er zerstört verdächtige Koffer, Taschen, Tüten.

Zunächst stellt Teodor mit seinen Greifarmen den Koffer millimetergenau und ruckelfrei so hin, dass er geröntgt werden kann. Eine Kamera überträgt alle Vorgänge zu einem in sicherer Entfernung aufgestellten Monitor. Am Freitag sahen die Entschärfer Bedrohliches auf dem Schirm: Kabel, Pulver, Elektronik – eine Bombe? Zum „Entschärfen“ setzt Teodor normales Leitungswasser ein. Mit Hochdruck wird ein extrem scharfer, dünner Strahl ausgespuckt, der den Koffer in seine Einzelteile „zerschießt“. Das Wassergewehr schießt so blitzschnell, das ein möglicherweise eingebauter Zünder keine Zeit mehr hat, Sprengstoff zu zünden. Am Freitag gingen allerdings nur ein Elektromixer und eine Packung Waschpulver in dem Koffer zu Bruch, in früheren Fällen waren es Reisewecker oder Zementtüten.

Alle laufen sie bei der Polizei als „USBV“, das ist Amtsdeutsch für „unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung“. Seit dem Umzug der Bundesregierung und der Terrorangst ist USBV-Alarm Alltag in Berlin (siehe Kasten). Das Entschärferteam des LKA ist rund um die Uhr einsatzbereit, im letzten Jahr rückten die Entschärfer etwa 600 Mal aus. Seit einiger Zeit hat auch der für Flughäfen und Bahnhöfe zuständige Bundesgrenzschutz seinen Teodor.

Teodor kann filmen, schießen, röntgen, greifen – so sensibel, dass er mit einem Schlüssel ein Bahnhofsschließfach öffnen kann. Der in Minimalausstattung schon 200 000 Euro teure Roboter steigt selbst Treppen, nur zum Einsatz wird Teodor gefahren, die Berliner Polizei nimmt dazu einen hellgrauen Mercedeslieferwagen, den nur diverse Blaulichter vom Eierhändlerauto unterscheiden. Teodor fährt dann über eine kleine Rampe aus der seitlichen Schiebetür heraus zu seinem Einsatz. Aber auch wenn plötzlich in einem weißen, zivilen Chrysler-Van Blaulichter hinterm Kühlergrill blitzen, sind die Entschärfer der PTU auf Einsatzfahrt. Auf ihren Kombis leuchtet einzig das Wappen der Entschärfer mit den Buchstaben IED, das ist die USBV auf englisch. Die Profis von der PTU deuten IED aber als „Ick entschärf’ dit“. Ist Teodor im Einsatz, bleiben die Beamten auf Abstand und steuern den Roboter über Funk oder Glasfaserkabel.

Mit Schraubenzieher und Kneifzange rücken die Entschärfer verdächtigen Paketen schon seit Jahren nicht mehr zu Leibe. Mit dem Roboter ist die schwäbische Firma Telerob weltweiter Marktführer. Das System arbeitet nach dem Baukastenprinzip, von der Röntgenkamera, die das Innenleben verdächtiger Koffer sichtbar macht bis zum Bolzenschussgerät, das in Sekundenbruchteilen einen Zünder vom Sprengsatz trennt, können alle möglichen Präzisionswerkzeuge angesteckt werden.

Die Herstellerfirma im Internet:

www.telerob.de

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