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Berlin: Teure Abfuhr für BSR-Chef

Aufgaben nicht gelöst, Vertrauen verloren – Aufsichtsrat kündigt Vorstandschef Gerhard Gamperl. Eine Million Euro Abfindung?

Der Vorstandsvorsitzende der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR), Gerhard Gamperl, ist gestern fristlos von seinem Posten entbunden worden. Der Aufsichtsrat vollzog diesen seltenen Schritt einstimmig. Das Gremium wirft Gamperl vor, seine Amtsführung sei unzulänglich gewesen. Zudem sei die Vertrauensbasis zerrüttet. Wie viel Geld sich das Unternehmen den Rausschmiss kosten lässt, war gestern nicht zu erfahren.

Der Vertrag von Gamperl wäre noch drei Jahre gelaufen. Der Manager dürfte ein Gehalt in Höhe von etwa 300 000 Euro bezogen haben. Mit der ausgesprochenen fristlosen Kündigung soll eine Abfindung vermieden werden, doch Gamperl kann gegen die Kündigung juristisch vorgehen. Er werde sich „mit allen Mitteln“ wehren, kündigte er gegenüber dem Tagesspiegel an. Bei einem Erfolg könnten rund eine Million Euro fällig werden. Normalerweise werden Verträge nach Ablauf nicht verlängert, wenn man nicht zufrieden ist. Oder man trennt sich „in gegenseitigem Einvernehmen“, wie es dann heißt.

In diesem Fall habe man nicht warten können, heißt es aus dem Aufsichtsrat. Gamperl habe „Kernaufgaben“, für die er eingestellt worden sei, nicht gelöst und den Aufsichtsrat mehrfach unzureichend, zu spät, zum Teil auch gar nicht oder falsch über relevante Vorgänge informiert. Gamperl wies die Vorwürfe entschieden zurück. Er sagte dem Tagesspiegel: „Meine Amtsführung war einwandfrei, ich habe mir nichts vorzuwerfen.“ Die Begründung der fristlosen Kündigung sei reichlich konstruiert. „Diese Vorgehensweise ist beispiellos und dieser Stadt nicht würdig“, sagte Gamperl.

Gamperl war erst Anfang 2004 zur BSR gekommen. Damals war er von Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) hoch gelobt worden. Mit der Entscheidung für Gamperl habe der Aufsichtsrat eine wichtige Weiche für die Zukunft des Unternehmens gestellt, erklärte Wolf damals: Gamperl habe bisher strategische Weitsicht, operatives Geschick und soziale Kompetenz bewiesen. Wolf war überzeugt, dass der gebürtige Wiener diese Fähigkeiten zum Nutzen der BSR einsetzen könne. Davon übrig bleibt jetzt nur ein Scherbenhaufen.

Der Senat lässt die Manager für die landeseigenen Betriebe in der Regel über Personalberatungsfirmen suchen. Unter den präsentierten Kandidaten sucht in der Regel der Aufsichtsratsvorsitzende dann einen aus. Aufsichtsratsvorsitzender der BSR ist Wirtschaftssenator Harald Wolf. Dem Vernehmen nach hat er jetzt die Ablösung Gamperls vorangetrieben.

Über einen solchen Schritt war schon lange spekuliert worden. Vor allem in der SPD wurde bereits für Gamperls Kollegin im Vorstand, Vera Gäde-Butzlaff, Stimmung als Nachfolgerin gemacht. Sie leitet jetzt zusammen mit dem anderen Vorstandsmitglied Andreas Scholz-Fleischmann, das Unternehmen. Über die künftige Besetzung will der Aufsichtsrat „zu gegebener Zeit“ entscheiden.

Für den FDP-Abgeordneten Klaus-Peter von Lüdeke ist der Schritt des Aufsichtsrats nicht nachvollziehbar. Die FDP habe eine schnellstmögliche Sondersitzung des zuständigen Ausschusses im Abgeordnetenhaus beantragt. Die Grünen-Politikerin Felicitas Kubala forderte Wolf auf, seine „personelle Fehlentscheidung“ zu erklären. Es sei fatal für das Image der politischen Entscheidungsträger in Berlin, wenn eigens angeheuerte Topmanager „ohne nachvollziehbare Gründe“ vorzeitig fristlos entlassen würden, sagte Michael Dietmann, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU. Das schrecke Spitzenkräfte aus anderen Regionen ab, die das Land für Management-Aufgaben benötige.

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