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Berlin: Teure Verspätung

Wegen Verzögerungen beim Bau des größten Parlamentsgebäudes "Jakob-Kaiser-Haus" an der Dorotheenstraße sieht sich die Bundesbaugesellschaft Berlin (BBB) neuen Vorwürfen ausgesetzt. Hatte bereits der Bundestag mehrmals Kostensteigerungen und Terminänderungen kritisiert, schaltete sich jetzt der Bundesrechnungshof ein.

Wegen Verzögerungen beim Bau des größten Parlamentsgebäudes "Jakob-Kaiser-Haus" an der Dorotheenstraße sieht sich die Bundesbaugesellschaft Berlin (BBB) neuen Vorwürfen ausgesetzt. Hatte bereits der Bundestag mehrmals Kostensteigerungen und Terminänderungen kritisiert, schaltete sich jetzt der Bundesrechnungshof ein. Er kritisierte "Defizite bei der Bauüberwachung", die BBB könnte dafür haftbar gemacht werden. Der Haushaltsausschuss ermittelte bereits Mehraufwendungen von zehn Millionen Mark. Die Gesellschaft versicherte, sie habe ihre Pflichten nicht verletzt.

Zum Thema Newsticker: Aktuelle Meldungen aus Berlin und Brandenburg Wenn der Bundestag ab Montag etappenweise bis zum Januar in die Neubaublöcke des Jakob-Kaiser-Hauses einzieht, dürfte die lange Bau-Leidensgeschichte noch nicht beendet sein. Der unerwartet komplizierte Baugrund, Wasserschäden und Schwierigkeiten bei der Gebäudetechnik hatten unter anderem die Eröffnung verzögert. Ursprünglich sollte das Projekt bis Ende 1999 fertig sein. Dem Haushaltsausschuss teilte der Bundesrechnungshof mit, er sehe Anhaltspunkte für eine Haftung der BBB gegenüber dem Bund für den entstandenen Verzögerungsschaden.

Hinreichende Anhaltspunkte für eine Schadenersatzpflicht der Geschäftsführer und Aufsichtsratsmitglieder seien aber derzeit nicht erkennbar. Die BBB hat nach Ansicht des Rechnungshofs einen Werkvertrag mit dem Bund geschlossen, trägt damit die Gesamtverantwortung für Planung, Bau, vereinbarte Kosten, Termine und Qualitätsstandards des Projekts. Die Gesellschaft sei aber wegen Personalmangels nicht in der Lage gewesen, die mit dem Baumanagement-Vertrag übernommene Baubetreuung jederzeit sachgerecht zu erfüllen, kritisierten die Rechnungsprüfer. Sie habe die Überwachung von Bauleistungen nicht immer mit dem erforderlichen Nachdruck betrieben. Bei der Vergabe des Auftrags für die "Gebäudeautomation" habe die BBB keine geeignete Terminplanung vorgelegt und den Auftragnehmer verpflichtet, seine Leistungen schon bis November 1999 vollständig zu erfüllen - obwohl der BBB bekannt gewesen sei, dass sich der Bau ohnehin um sechs Monate verzögern werde. Der Auftrag sei durch Koordinationsfehler und Defizite bei der Bauüberwachung geprägt.

Ob eine "relevante Pflichtverletzung" bestehe, lasse sich nicht abschließend beurteilen. Wegen der Bauverzögerung habe der Bund länger andere Gebäude mieten müssen, kritisierte der Rechnungshof. Der Haushaltsausschuss selbst habe die Mehraufwendungen mit zehn Millionen Mark veranschlagt. Allerdings seien mehrere Wasserschäden und nachträgliche Änderungen in der Raumverteilung nicht auf Pflichtverletzungen der BBB zurückzuführen. Der Rechnungshof wies darauf hin, dass die BBB kaum mehr als 100 000 Mark Stammkapital aus Bundesmitteln besitzt.

Die Bundesbaugesellschaft sieht keine Pflichtverletzung. Sie habe keinen Werk-, sondern lediglich einen Dienstvertrag abgeschlossen und schulde "ausschließlich die ordnungsgemäße Koordination der Planungs- und Baumaßnahmen", nicht aber die "erfolgsbezogene Voll-Betreuung der Bauvorhaben". Die BBB sei nicht für pünktliche Termine und Kostengrenzen verantwortlich, teilte sie dem Rechnungshof mit.

Die neuen Parlamentsbauten - das Jakob-Kaiser-Haus, das kürzlich bezogene Paul-Löbe-Haus und das bis Ende 2002 fertige Marie-Elisabeth-Lüders - kosten rund zwei Milliarden Mark.

Christian van Lessen

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