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Berlin: Teurer Asphalt

Koalitionsexperten finden Kompromiss: Heute entscheiden Fraktionen über Straßenausbau-Beitragsgesetz

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Fachleute von SPD und Linkspartei/PDS haben sich auf ein Straßenausbaubeitragsgesetz geeinigt. Demnach müssen sich die Bürger künftig an den Kosten beteiligen, wenn ihre Straße neu gebaut, umgebaut oder verbessert wird. Das gilt zum Beispiel für neue Geh- und Fahrradwege, Parkbuchten, Straßenentwässerungen oder neue Straßenbeleuchtungen. Aber auch die Verbreiterung einer Straße, die Anlage einer verkehrsberuhigten Zone oder die Asphaltierung einer Kopfsteinpflasterstrecke werden kostenpflichtig. Der Kostenanteil für die Anlieger wird 25 bis 75 Prozent betragen. In Härtefällen sind Ratenzahlungen, Stundungen oder ein Kostenerlass möglich.

Die Regierungsfraktionen werden den Kompromiss heute voraussichtlich beschließen. Allerdings wollen vier PDS-Abgeordnete aus Marzahn-Hellersdorf nur zustimmen, wenn ihr Bezirksvorstand dies empfiehlt, der gestern Abend in einer Sondersitzung tagte. Auch wegen des teilweise massiven Widerstandes in der PDS-Fraktion wurde der umstrittene Gesetzentwurf des Senats noch erheblich verändert. So muss jeder Straßenausbau, der die Anwohner Geld kostet, von der zuständigen Bezirksverordnetenversammlung genehmigt werden. Einwände der Betroffenen müssen in einem Beteiligungsverfahren „sorgfältig abgewogen“ werden. Wenn der Um- und Neubau einer Straße aus Gründen des Denkmal- oder Wasserschutzes teurer wird, trägt die öffentliche Hand diese Mehrausgaben. Die Härtefallregelung wurde erweitert: Die Rechnung kann, über drei Jahre verteilt, zinslos beglichen werden. Auch eine Ratenzahlung (mit Zinsen) über zehn Jahre ist möglich.

Aber erst die Verknüpfung mit dem Erschließungsrecht, vor dem viele Hauseigentümer im Ostteil der Stadt zittern, ermöglichte nun den Durchbruch. Auch den „Dissidenten“ in der PDS-Fraktion wird die Zustimmung dadurch möglicherweise erleichtert. Denn die Anwohner im Osten Berlins sollen von Erschließungsbeiträgen weitgehend entlastet werden. Die Experten der SPD und der Linkspartei verständigten sich darauf, dass alle Straßen, die es schon vor dem 3. Oktober 1990 gab, jetzt als komplett erschlossen gelten. Das gilt auch für alle Straßen im Westen Berlins, die seit mindestens 15 Jahren öffentlich genutzt werden.

Die Koalition springt damit über eine Hürde, die der PDS-Landesparteitag am 3. Dezember 2005 aufgebaut hatte. Dort wurde die eigene Fraktion aufgefordert, dem Straßenausbaubeitragsgesetz nur zuzustimmen, „wenn zugleich eine wirksame und verbindliche Entlastung der Siedlungsgebiete von Erschließungsbeiträgen verbunden ist“. Der glückliche Umstand, dass das Erschließungsbeitragsgesetz inzwischen nicht mehr Bundes-, sondern Ländersache ist, soll nun für eine Änderung genutzt werden.

Im Straßenausbaubeitragsgesetz will Rot-Rot den Berlinern noch ein überraschendes Angebot machen. Bürgergemeinschaften dürfen, wenn ihnen der Sinn danach steht, selber Straßen bauen. Auf eigene Kosten natürlich. In Brandenburg gibt es schon eine solche Regelung, weil viele Bürger es satt haben, an unbefestigten Sandpisten zu wohnen.

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