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Bürgerbewegung. Die Initiative „Berliner Wassertisch“ hat aller Voraussicht nach weit mehr als die etwa 170 000 notwendigen Unterschriften gesammelt. Damit ist das Volksbegehren zur Offenlegung der Privatisierungsverträge erfolgreich.

© DAVIDS

Teures Nass: Flüssig – dank der Wasserbetriebe

Unter den zehn größten Metropolen Deutschlands hat Berlin den höchsten Tarif für Wasser und Abwasser. Privatinvestoren und das Land Berlin verdienen gleichermaßen am Geschäft mit dem Versorger. Die Verträge sind nun im Internet einsehbar.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Eine Ursache für die hohen Tarife sei die „hohe Gewinnerwartung der privaten Anteilseigner“. Diese Einschätzung kommt nicht von der Initiative „Berliner Wassertisch“, die gerade ein Volksbegehren offenbar erfolgreich abgeschlossen hat, sondern aus der Wirtschaftsverwaltung des Senats. Seit der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) 1999 flossen etwa eine Milliarde Euro in die Kassen der Miteigentümer RWE und Veolia, die zuvor zusammen rund 1,7 Milliarden Euro Kaufpreis ans Land gezahlt hatten. Weitere 780 Millionen Euro Gewinnabführung kamen dem Land Berlin zugute.

Außerdem profitiert die öffentliche Hand von einer Konzessionsabgabe (jährlich 14,8 Millionen Euro) und einem Grundwasserentnahmeentgelt (rund 50 Millionen Euro). Grundlage für Rendite und Tarifkalkulation sind öffentliche Gesetze und ein geheimes Vertragspaket. Vieles, was in den Verträgen steht, ist seit Jahren bekannt und wird strittig diskutiert. Aber der Wassertisch will mit einem Volksentscheid die Offenlegung aller „Beschlüsse, Verträge und Nebenabreden“ erreichen, die das Land Berlin mit den privaten Investoren abgeschlossen hat.

Dahinter steckt der Verdacht, dass die Verträge rechtswidrig seien. Dafür gibt es bislang zwar keine Anhaltspunkte, aber wenn dem so wäre, könnte die teilweise Privatisierung der Wasserbetriebe vielleicht nachträglich angefochten werden. Übrigens hat die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche, unabhängig vom Volksbegehren, vor einigen Monaten die Herausgabe der Verwaltungsakten zum BWB-Teilverkauf gerichtlich erzwungen. Etwa 60 000 Aktenblätter werden nun von der Finanzverwaltung schrittweise offengelegt. Bisher konnte die Abgeordnete etwa 5000 Akten einsehen.

Inzwischen ist die Offenlegung der Verträge eine äußerst populäre Forderung. SPD, Linke und Grüne sind dafür, auch die CDU hegt „große Sympathie für die Forderung nach Transparenz“, sagte deren Haushaltsexperte Florian Graf am Donnerstag. Der Bürgerwille müsse ernst genommen werden und der Senat solle Entgegenkommen signalisieren. An den Wasserpreisen wird diese allgemeine Offenheit erst einmal nichts ändern. Nach der Teilprivatisierung vor einem Jahrzehnt stieg der Trinkwasserpreis von 1,76 Euro auf 2,17 Euro je Kubikmeter und der Schmutzwassertarif von 1,97 Euro auf 2,46 Euro.

Im Jahresdurchschnitt ist das gar nicht so viel, zumal die Wasserpreise sich von 1990 bis 2000 – als die Wasserbetriebe rein kommunales Eigentum waren – sogar verdoppelt hatten. Aber der CDU- SPD-Senat, der den Teilverkauf der BWB 1999 durchsetzte, machte damals einen taktischen Fehler: Die Tarife wurden fünf Jahre lang eingefroren und dann auf einen Schlag um 15 Prozent erhöht. Das regte alle auf, die Wasser verbrauchen. Weitere Preissprünge folgten, erst seit 2007 wurden die jährlichen Tarifsteigerungen unter die Inflationsrate gedrückt.

Das Gesamtergebnis dieser Tarifpolitik: Die Wasserpreise in Berlin sind relativ hoch und die Eigentümer verdienen gut daran. Zwar entschied das Landesverfassungsgericht im Juli 2010, dass die Tarifkalkulation der BWB verfassungsgemäß ist. Das hindert aber niemanden daran, diese Kalkulation zugunsten der Verbraucher zu korrigieren. Die einfachste Möglichkeit wäre, dass das Land Berlin auf einen Teil seiner Gewinne verzichtet, doch angesichts der Haushaltsnotlage ist dies schwer vertretbar.

Möglich wäre es auch, die bis 2028 vertraglich festgeschriebene Kalkulation in Verhandlungen mit RWE und Veolia zu ändern. Wirksame Stellschrauben sind die Abschreibungsregeln und die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals. Am schönsten wäre es für viele, wenn das Bundeskartellamt im Zuge der laufenden Prüfung die Berliner Wasserpreise kippt.

Die Taz hat die geheimen Wasserverträge ins Netz gestellt.

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